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Es ist eine Aufgabe schulischer Bildung, gemeinsam mit den Erziehungsberechtigten, die sprachlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Kinder und Jugendlichen zu erkennen und bestmöglich zu fördern, um sie damit für eine selbstbestimmte Lebensgestaltung zu befähigen und sie für eine aktive Beteiligung an unserer Gesellschaft zu unterstützen.
Die Schule knüpft an das an, was Kinder und Jugendliche an Kenntnissen und Erfahrungen über sich, ihr eigenes Lebensumfeld und die Welt mitbringen.
Die Erstsprachen, die Familiensprache, die Landessprache und weitere (Fremd-)Sprachen können nur zusammen betrachtet werden und stellen umfassende kommunikative Kompetenzen dar, zu denen alle Sprachkenntnisse und Spracherfahrungen beitragen. Mit einem vielfältigen Sprachenangebot in der Schule haben Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, sprachliche Kompetenzen Schritt für Schritt entlang der festgelegten Niveaustufen zu entwickeln und kontinuierlich zu erweitern.
1. Hintergrund und Zielsetzung
In der Schule spiegelt sich auf besondere Weise die kulturelle, regionale und sprachliche Vielfalt unserer Gesellschaft wider. Eine stetig zunehmende Anzahl von Kindern und Jugendlichen wächst in einem mehrsprachigen Umfeld auf, in dem neben der deutschen Sprache häufig mindestens eine weitere Sprache gesprochen wird, die eine wichtige Voraussetzung für die individuelle Entwicklung, für die gesellschaftliche Teilhabe und für den schulischen Erfolg darstellt. Kinder und Jugendliche können ihre Vorkenntnisse und Kompetenzen in ihren Erstsprachen gezielt erweitern, indem neben dem Ausbau der mündlichen und schriftlichen Sprachkompetenzen auch die Herausbildung eines globalen Sprachenbewusstseins gefördert wird. Die Mehrsprachigkeit ist eine gesellschaftliche Ressource, und diese gilt es zu würdigen und gestaltend in Schule einzubeziehen.
2. Förderung der Mehrsprachigkeit durch Unterricht und Arbeitsgemeinschaften in den Erstsprachen Begriffserklärung und allgemeine Regelungen
2.1 Schülerinnen und Schüler, die heute schulischen Erstsprachenunterricht (vormals herkunftssprachlicher Unterricht) besuchen, sind bereits in Deutschland geboren oder neu zugewandert. Erstsprachen werden spontan und ungesteuert von Geburt an oder in sehr jungem Alter in einem natürlichen Kontext, also durch den Kontakt zur Sprache, die in der Familie und/oder der Umgebung gesprochen wird, erworben. Auch der Erwerb mehrerer Sprachen (simultan bilingualer Erstsprachenerwerb) als Erstsprachen ist möglich und kommt häufiger vor als der monolinguale Erstsprachenerwerb.
Die Aufgabe des Erstsprachenunterrichts ist es, Kompetenzen in der jeweiligen Sprache in Wort und Schrift und in allen funktionalen und kommunikativen Bereichen aufzubauen, zu erhalten, zu erweitern. Der Erstsprachenunterricht ist als ein kultureller Sprachenunterricht zu verstehen.
Der Erstsprachenunterricht sollte in ein schulisches Gesamt( sprachbildungs)konzept eingegliedert sein, das als Querschnittsaufgabe einer sprachsensiblen sowie diversitätsbewussten Schulentwicklung in einer mehrsprachigen Gesellschaft gesehen wird.
2.2 Um den Erstsprachenunterricht mit dem Unterricht in den Fächern eng zu verknüpfen, ist er, soweit wie möglich, organisatorisch und inhaltlich in das schulische Gesamtkonzept einzubinden. Um die Mehrsprachigkeit aller Schülerinnen und Schüler zu fördern, soll er mit dem Regelunterricht verzahnt werden, z. B. durch sprachenübergreifenden und sprachvergleichenden Unterricht sowie durch fächerübergreifende Bezüge und damit einen wichtigen Beitrag leisten, die Mehrsprachigkeit aller Schülerinnen und Schüler sowie die Schulkultur zu fördern.
2.3 Die Schulen informieren und dokumentieren aktiv bei der Aufnahme einer Schülerin oder eines Schülers die Erziehungsberechtigten über das Angebot und die Möglichkeit der Einrichtung von Erstsprachenunterricht. Auf Antrag der Erziehungsberechtigten oder auf Initiative der Schule kann das zuständige Regionale Landesamt für Schule und Bildung (RLSB) die Einrichtung von Erstsprachenunterricht genehmigen. Schulen melden auch bei nicht erreichter Teilnehmendenzahl die Bedarfe beim zuständigen RLSB.
Schulen können eine sogenannte Erstsprachenbeauftragte oder einen sogenannten Erstsprachenbeauftragten bestellen, die oder der sowohl als Ansprechperson für die Erziehungsberechtigten zur Verfügung steht, als auch als Ansprechperson für andere Schulen, wenn schulübergreifend Erstsprachenunterricht gemeinsam eingerichtet und unterrichtet wird.
2.4 Die Anmeldung für den Erstsprachenunterricht ist freiwillig und erfolgt durch die Erziehungsberechtigten. Nach der Anmeldung ist die Teilnahme verpflichtend. Eine Abmeldung, die durch die Erziehungsberechtigten zu begründen ist, ist nur zum Ende eines Schuljahres zulässig. Die Schulaufsicht für den Erstsprachenunterricht liegt bei dem jeweils zuständigen RLSB.
3. Unterricht und Arbeitsgemeinschaften in den Erstsprachen im Primarbereich
3.1 Der Erstsprachenunterricht kann für eine Gruppe von mindestens acht Schülerinnen und Schülern gleicher Sprache eingerichtet werden und ist an der für die Schülerin oder den Schüler zuständigen Schule oder wenn dies aus unterrichtsorganisatorischen Gründen erforderlich ist an einem möglichst wohnortnahen Schulstandort zu erteilen. Dabei kann das Sprachniveau in den Lerngruppen unterschiedlich sein. Aus unterrichtsorganisatorischen Gründen können jahrgangs-, schulform- oder schulübergreifende Lerngruppen eingerichtet werden. Dafür kann eine Lerngruppe ab 16, bei jahrgangsbezogenem Unterricht ab 18 Schülerinnen und Schülern geteilt werden. Im Rahmen der verfügbaren Wochenstunden kann eine Lerngruppe zur verstärkten Differenzierung teilweise getrennt unterrichtet werden.
3.2 Unterricht in den Erstsprachen wird additiv zur Stundentafel gemäß Bezugserlass zu a mit zwei bis drei Wochenstunden pro Lerngruppe angeboten. Bei einer Teilung der Lerngruppe sollen mindestens zwei Unterrichtsstunden pro Woche erteilt werden.
3.3 Um die Kooperation von Erstsprachenunterricht und Regelunterricht zu erleichtern, soll der Erstsprachenunterricht zumindest mit einem Teil der Stunden in den Vormittag einbezogen werden. Er kann parallel zu den unterrichtsergänzenden Angeboten an Grundschulen auch im Rahmen von Nachmittagsangeboten stattfinden.
3.4 Der Lese- und Schreiblehrgang in den Erstsprachen im Anfangsunterricht erfolgt in didaktisch-methodischer Abstimmung mit dem entsprechenden Anfangsunterricht in der deutschen Sprache. Sofern die personellen und schulorganisatorischen Voraussetzungen dafür vorhanden sind, entscheidet die Schule in eigener pädagogischer Verantwortung, ob die Alphabetisierung koordiniert zweisprachig durchgeführt wird.
3.5 An Arbeitsgemeinschaften in den Erstsprachen können im Sinne der Mehrsprachigkeit alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen. Über die Einrichtung entscheidet die Schule in ihrer eigenen Verantwortung unter Berücksichtigung der personellen Ressourcen. Die Arbeitsgemeinschaft sollte mindestens für die Dauer eines Schuljahres angeboten werden.
4. Leistungsbewertung von Unterricht und Arbeitsgemeinschaften in den Erstsprachen im Primarbereich
Grundlagen für die Leistungsbewertung sind in den Bezugserlassen zu a, b und i beschrieben.
4.1 Die Schülerinnen und Schüler, die am Erstsprachenunterricht teilnehmen, erhalten im Zeugnis für den 1. und 2. Schuljahrgang eine Bemerkung über die Teilnahme und ab dem 3. Schuljahrgang im Fall eines Notenzeugnisses eine Note oder im Fall eines Berichtszeugnisses einen Bericht über die erreichten Kompetenzen.
4.2 Schülerinnen und Schüler, die an einer Arbeitsgemeinschaft nach Nummer 3.5 teilgenommen haben, erhalten im Zeugnis eine entsprechende Bemerkung.
5. Unterricht und Arbeitsgemeinschaften in den Erstsprachen in den Sekundarbereichen I und II und in Bildungsgängen der berufsbildenden Schulen, in denen keine oder Abschlüsse nach §§ 25 bis 28 BbS-VO vorausgesetzt werden
Erstsprachenunterricht kann im Sekundarbereich I und in Bildungsgängen der berufsbildenden Schulen, in denen keine oder Abschlüsse nach §§ 25 bis 28 BbS-VO vorausgesetzt werden, gemäß den Grundsatzerlassen für die jeweiligen Schulformen als Wahlpflichtunterricht und Wahlunterricht, auch jahrgangsübergreifend eingerichtet werden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
5.1 Erstsprachenunterricht im Sekundarbereich I und in Bildungsgängen der berufsbildenden Schulen, in denen keine oder Abschlüsse nach §§ 25 bis 28 BbS-VO vorausgesetzt werden, kann für Gruppen von mindestens 18 Schülerinnen und Schülern gleicher Sprache als Wahlpflicht- und Wahlunterricht eingerichtet werden. Der Umfang des Unterrichts richtet sich nach den für den fremdsprachlichen Unterricht geltenden Regelungen in den jeweiligen Schulformen. Schulübergreifende, schulformübergreifende und jahrgangsübergreifende Formate sind möglich.
5.2 Angebote in den Erstsprachen können im Rahmen der verfügbaren Stunden auch als Arbeitsgemeinschaft in den jeweiligen Erstsprachen durchgeführt werden, an denen alle Schülerinnen und Schüler teilnehmen können. Über die Einrichtung entscheidet die Schule. Die Arbeitsgemeinschaft sollte mindestens für die Dauer eines Schuljahres angeboten werden.
5.3 In der gymnasialen Oberstufe und in Bildungsgängen der berufsbildenden Schulen, in denen Abschlüsse nach §§ 29 bis 31 BbS-VO erworben werden, gibt es keinen gesonderten Erstsprachenunterricht. Der angebotene Erstsprachenunterricht ist Fremdsprachenunterricht und richtet sich nach den jeweils geltenden Regelungen für Fremdsprachenunterricht.
6. Leistungsbewertung von Unterricht und Arbeitsgemeinschaften in den Erstsprachen im Sekundarbereich I und in Bildungsgängen der berufsbildenden Schulen, in denen keine oder Abschlüsse nach §§ 25 bis 28 BbS-VO vorausgesetzt werden
Grundlagen für die Leistungsbewertung sind in den Bezugserlassen und Bezugsverordnungen zu b bis f sowie m und n geregelt.
6.1 Schülerinnen und Schüler, die an einer Arbeitsgemeinschaft nach Nummer 5.2 teilgenommen haben, erhalten im Zeugnis eine entsprechende Bemerkung.
6.2 Bei Schülerinnen und Schülern, die am Erstsprachenunterricht im Rahmen von Wahlpflichtunterricht oder Wahlunterricht teilgenommen haben, wird die Bewertung in das Zeugnis an der entsprechenden Stelle (siehe Nummer 6.3) eingetragen. Wenn der Erstsprachenunterricht als Wahlpflichtunterricht erteilt wird, ist die Note versetzungs- und abschlussrelevant. Sie wird bei der Berechnung des Notendurchschnitts einbezogen.
6.3 Die Note im Erstsprachenunterricht wird im Zeugnis unter Wahlpflichtunterricht oder Wahlunterricht erfasst und mit einem * für die Bemerkung gekennzeichnet. Folgende Bemerkung ist einzutragen: *Die Note wurde im Erstsprachenunterricht [Nennung der Sprache und in Abschlusszeugnissen der entsprechenden Niveaustufe des GER] erbracht.
7. Lehrkräfte für den Erstsprachenunterricht (Erstsprachen- Lehrkräfte)
7.1 Einstellungs- und Qualifikationsvoraussetzungen für Lehrkräfte im Erstsprachenunterricht
Lehrkräfte, die Erstsprachenunterricht im Primarbereich gemäß Nummer 3 erteilen, müssen über eine abgeschlossene Lehramtsausbildung in Deutschland oder im Herkunftsland verfügen sowie Deutschkenntnisse und Kenntnisse in der Erstsprache jeweils mindestens auf der Niveaustufe C1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen nachweisen. Es können berufsbegleitende Qualifikationen in Deutsch vom Sprachniveau B2 auf das Sprachniveau C1 durchlaufen werden.
Lehrkräfte, die Erstsprachenunterricht im Sekundarbereich I und in Bildungsgängen der berufsbildenden Schulen, in denen keine oder Abschlüsse nach §§ 25 bis 28 BbS-VO vorausgesetzt werden, gemäß Nummer 5 erteilen, müssen über eine in Deutschland oder im Herkunftsland erworbene Lehrbefähigung für eine moderne Fremdsprache für das jeweilige Lehramt verfügen, die vom zuständigen RLSB im Einzelfall als gleichwertig anerkannt wird, sowie Deutschkenntnisse und Kenntnisse in der Erstsprache jeweils mindestens auf der Niveaustufe C1.
7.2 Einsatzbereiche der Lehrkräfte für Erstsprachenunterricht
Neben dem Erstsprachenunterricht können die Lehrkräfte bis zu einem Anteil von weniger als der Hälfte ihrer Unterrichtsverpflichtung auch in folgenden Bereichen eingesetzt werden:
7.2.1 Der Einsatzbereich als Sprach- und Kulturvermittlung (SKV) kann ein Verbindungsglied zwischen Schule, Erziehungsberechtigen und Schülerinnen und Schülern herstellen. Die Erstsprachen-Lehrkräfte können dabei an ihren Einsatzschulen Erziehungsberechtigte, Schülerinnen und Schüler sowie das schulische Personal in schulischen Belangen unterstützen. Der Einsatz im Bereich der SKV kann von der Schule bei dem jeweils zuständigen RLSB beantragt werden, er ist konzeptionell zu begründen und erfolgt im Rahmen der Stundenverpflichtung mit ein bis zwei Wochenstunden.
7.2.2 Folgende Angebote können durch Erstsprachen-Lehrkräfte vorgehalten werden, sofern der Erstsprachenunterricht davon nicht beeinträchtigt wird. Gegebenenfalls ist hierfür im zeitlich notwendigen Umfang Entlastung im Hauptamt, wenn dies zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist, zu gewähren:
7.3 Unterrichtseinsatz von Erstsprachen-Lehrkräften an mehreren Schulen
Erstsprachen-Lehrkräfte arbeiten eng mit den übrigen Lehrkräften zusammen. Ein Einsatz von Erstsprachen-Lehrkräften an mehr als einem Schulstandort ist zulässig, wenn dies aus unterrichtsorganisatorischen Gründen erforderlich ist. Im Hinblick auf die notwendige Kooperation mit den übrigen Lehrkräften sind alle organisatorischen Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Anzahl der Schulstandorte von Erstsprachen- Lehrkräften auf höchstens drei Schulstandorte zu beschränken. Die §§ 4 und 5 NGG sind zu beachten.
7.4 Hinweise zur Rechtsstellung von Erstsprachen-Lehrkräften
Rechte und Pflichten der Lehrkräfte für den Erstsprachenunterricht, die in einem Beschäftigtenverhältnis zum Land Niedersachsen stehen, ergeben sich aus den geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, den Anordnungen des zuständigen RLSB und den Beschlüssen der jeweiligen Konferenzen der Schule. Das gilt auch für Erstsprachen-Lehrkräfte, die gleichzeitig beamtete oder angestellte Lehrkräfte ihres Herkunftslandes sind. Nach den jedem Arbeitsverhältnis innewohnenden allgemeinen Pflichten haben Erstsprachen- Lehrkräfte Auskunft über ein bestehendes Arbeitsverhältnis mit ihrem Herkunftsland zu geben. Soweit Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Herkunftsland bestehen, wirken sich diese nicht auf das mit dem Land Niedersachsen bestehende Beschäftigungsverhältnis aus, da sich dies allein nach deutschem Recht regelt.
7.5 Fort- und Weiterbildung von Erstsprachen-Lehrkräften
Lehrkräfte, die Erstsprachenunterricht erteilen, werden durch entsprechende Fort- und Weiterbildungsangebote für ihre pädagogischen Aufgaben weiterqualifiziert. Insbesondere sollen in gemeinsamen Fortbildungsmaßnahmen die Kooperationsfähigkeit und die Interaktions-Kompetenz von Erstsprachen-Lehrkräften und Lehrkräften im Regelunterricht gefördert werden.
8. Besondere Fremdsprachenregelung für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler
Die Bestimmungen für den Fremdsprachenunterricht gelten grundsätzlich gemäß den für die jeweilige Schulform geltenden Grundsatzerlassen (Bezugserlasse und Bezugsverordnungen zu a, c bis e sowie m und n) auch für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler.
Neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler können ihre Erstsprachen anstelle einer Fremdsprache durch eine Sprachfeststellungsprüfung oder durch die Vorlage eines Zeugnisses aus dem Herkunftsland anerkennen lassen, sofern folgende Voraussetzungen vorliegen:
In der gymnasialen Oberstufe kann eine Anerkennung von Leistungen in den Erstsprachen anstelle einer Pflichtfremdsprache durch Sprachfeststellungsprüfung oder Vorlage eines Zeugnisses aus dem Herkunftsland nur in der Einführungsphase erfolgen. Dafür wird die entsprechende Sprachniveaustufe vorausgesetzt, die am Ende der Einführungsphase zu erreichen ist. In der Qualifikationsphase können die Schulhalbjahresergebnisse in den Fremdsprachen grundsätzlich weder durch Noten oder Notenpunkte aus Sprachfeststellungsprüfungen in den Erstsprachen noch durch umgerechnete Noten oder Notenpunkte in den Erstsprachen aus den Zeugnissen des Herkunftslandes ersetzt werden.
Mit dem Ersatz der ersten Pflichtfremdsprache Englisch durch eine Sprachfeststellungsprüfung in der Erstsprache oder der Anerkennung der Note der Erstsprache aus dem Zeugnis des Herkunftslandes darf das Erlernen von Englisch nicht vernachlässigt werden. Die Teilnahme am Englischunterricht ist zusätzlich erforderlich. Auf eine Benotung kann verzichtet werden.
Ein Rechtsanspruch auf die Anerkennung der Erstsprachen besteht nicht. Die Schulen beraten die neu zugewanderten Schülerinnen und Schüler und dokumentieren dies entsprechend.
8.1 Ersatz der Pflichtfremdsprache Englisch durch eine Sprachfeststellungsprüfung in den Erstsprachen
Ein Ersatz der ersten Pflichtfremdsprache Englisch ist unter folgenden Bedingungen möglich:
8.1.1 Neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler haben bis zum Ende der 9. Klasse oder der 10. Klasse weniger als drei vollständige Schuljahre am Englischunterricht nach Stundentafel teilgenommen.
8.1.2 Die Sprachfeststellungsprüfung findet in demselben Schulhalbjahr wie die Abschlussprüfung statt. Zur Vorbereitung auf die Prüfung können Beispielprüfungen angeboten werden.
8.1.3 Beim Übergang in die gymnasiale Oberstufe ist eine zweite Pflichtfremdsprache neu zu beginnen, wenn im Sekundarbereich I keine zweite Fremdsprache belegt wurde.
8.1.4 Die Entscheidung, ob eine Sprachfeststellungsprüfung beantragt wird, trifft die Klassenkonferenz.
8.1.5 Die Sprachfeststellungsprüfung wird durch die Schule beim jeweils zuständigen RLSB beantragt. Den Ort und den Zeitpunkt der Prüfung bestimmt das zuständige RLSB.
8.1.6 Das RLSB entscheidet, in welchen Sprachen unter Berücksichtigung der personellen und organisatorischen Möglichkeiten Prüfungen angeboten werden können.
8.1.7 Der schriftliche und mündliche Teil der Sprachfeststellungsprüfung muss hinsichtlich des Anforderungsniveaus, des Umfangs und der Dauer den Vorgaben für den angestrebten Schulabschluss, die in den Kerncurricula der Fremdsprachen des jeweiligen Bildungsganges vorgegeben sind, entsprechen.
8.1.8 Die Note der Sprachfeststellungsprüfung tritt an die Stelle der ersten Pflichtfremdsprache. Im Zeugnis wird die Note der geprüften Sprache im Pflichtbereich unter Nennung der Erstsprache eingetragen. Die Note wird mit einem * für die Bemerkung gekennzeichnet. Folgende Bemerkung ist einzutragen: * Die Note in der ersten Pflichtfremdsprache wird durch eine Sprachfeststellungsprüfung vom [Datum eintragen] in der Erstsprache [Sprache eintragen], auf der Niveaustufe [Niveaustufe eintragen] des GER ersetzt. Die Note ist versetzungs- und abschlussrelevant. Sie wird bei der Berechnung des Notendurchschnitts einbezogen. In Abhängigkeit der Niveaustufe nach GER, auf der die Sprachfeststellungsprüfung abgelegt wurde, behält die Prüfungsnote ihre Gültigkeit bis zum Ende der 9. Klasse (A2), bis zum Ende des Sekundarbereichs I (B1) oder bis zum Ende der jeweiligen Bildungsgänge der berufsbildenden Schulen, in denen keine oder Abschlüsse nach §§ 25 bis 28 BbS-VO vorausgesetzt werden. Wurde eine Sprachfeststellungsprüfung auf dem bis zum Ende der Einführungsphase zu erreichenden Sprachniveau B1 bereits im Sekundarbereich I durchgeführt und wurden dort bereits Notenpunkte festgesetzt, so werden diese Notenpunkte in der Einführungsphase anerkannt und in entsprechender Anwendung laut Nummer 8.1.8 im Studienbuch eingetragen.
8.1.9 Bei einem Prüfungsergebnis mit nicht ausreichender Gesamtnote kann die Sprachfeststellungsprüfung einmal wiederholt werden.
8.2 Ersatz der Pflichtfremdsprache Englisch durch Vorlage eines Zeugnisses aus dem Herkunftsland
Bei neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern, die aus der Klasse 9 oder der Klasse 10 einer Schule des Herkunftslandes unmittelbar in das deutsche Schulsystem eintreten, wird die im Herkunftsland zuletzt erteilte Note für den Unterricht in der Amtssprache des jeweiligen Herkunftslandes übernommen. Der Nachweis kann hierfür durch Vorlage von Zeugnissen erbracht werden.
8.2.1 Die Entscheidung, ob eine Anerkennung der Erstsprachen durch Vorlage eines Zeugnisses aus dem Herkunftsland möglich ist, trifft die Klassenkonferenz. Bleiben Zweifel, kann die Schule eine Sprachfeststellungsprüfung in der jeweiligen Sprache verlangen.
8.2.2 Die Note der Erstsprache muss in Anlehnung an die von der KMK vorgegebene Umrechnungstabelle in deutsche Noten umgerechnet werden können. Sie tritt an die Stelle der ersten Pflichtfremdsprache.
8.2.3 Im Zeugnis wird die Note der jeweiligen Erstsprache im Pflichtbereich unter Nennung der Erstsprache eingetragen. Die Note wird mit einem * für die Bemerkung gekennzeichnet. Folgende Bemerkung ist aufzunehmen: * Die Note in der ersten Pflichtfremdsprache wird durch die Note in der Erstsprache [Sprache eintragen] aus dem Zeugnis der Schule [Name und Land eintragen] vom [Zeugnisdatum eintragen] ersetzt. Die Note ist versetzungs- und abschlussrelevant. Sie wird bei der Berechnung des Notendurchschnitts einbezogen. Die Note behält ihre Gültigkeit bis zum Ende des Sekundarbereichs I oder bis zum Ende der jeweiligen Bildungsgänge der berufsbildenden Schulen, in denen keine oder Abschlüsse nach §§ 25 bis 28 BbS-VO vorausgesetzt werden. Die Note wird ebenfalls in der Einführungsphase anerkannt und in entsprechender Anwendung laut Nummer 8.2.3 im Studienbuch eingetragen, wenn sie in Notenpunkte umgerechnet werden kann.
8.3 Ersatz der zweiten Pflichtfremdsprache durch eine Sprachfeststellungsprüfung in den Erstsprachen
Wenn am Gymnasium oder einem gymnasialen Schulzweig ein Nachlernen der zweiten Pflichtfremdsprache nicht möglich erscheint, können nach eingehender Beratung durch die Schule und auf Antrag der Schule sowie mit Zustimmung des zuständigen RLSB bereits ab Jahrgang 7 die Leistungen in der jeweiligen Erstsprache an die Stelle der Leistungen in der zweiten Pflichtfremdsprache treten, wenn sie durch eine Sprachfeststellungsprüfung nachgewiesen werden. Anstelle der Teilnahme an der zweiten Fremdsprache ist die Teilnahme an einem Wahlpflichtkurs in gleicher Stundenzahl (ohne Bewertung) oder an Sprachfördermaßnahmen vorzusehen. Es gelten die Bedingungen aus den Nummern 8.1.3 bis 8.1.6 und 8.1.9.
8.3.1 Der schriftliche und mündliche Teil der Sprachfeststellungsprüfung muss hinsichtlich des Anforderungsniveaus mindestens dem Sprachniveau B1 für die Einführungsphase entsprechen.
8.3.2 Die Note der Sprachfeststellungsprüfung tritt an die Stelle der zweiten Pflicht- oder Wahlpflichtfremdsprache. Im Zeugnis wird die Note der geprüften Sprache im Pflicht- oder Wahlpflichtbereich unter Nennung der Erstsprache eingetragen. Die Note wird mit einem * für die Bemerkung gekennzeichnet. Folgende Bemerkung ist einzutragen: * Die Note in der zweiten [Pflichtfremdsprache oder Wahlpflichtfremdsprache eintragen] wird durch eine Sprachfeststellungsprüfung vom [Datum eintragen] in der Erstsprache [Sprache eintragen], auf der Niveaustufe [Niveaustufe eintragen] des GER ersetzt. Die Note ist versetzungs- und abschlussrelevant. Sie wird bei der Berechnung des Notendurchschnitts einbezogen. Wurde eine Sprachfeststellungsprüfung auf dem bis zum Ende der Einführungsphase zu erreichenden Sprachniveau B1 bereits im Sekundarbereich I durchgeführt und wurden dort bereits Notenpunkte festgesetzt, so werden diese Notenpunkte in der Einführungsphase anerkannt und in entsprechender Anwendung laut Nummer 8.3.2 im Studienbuch eingetragen.
8.4 Ersatz der zweiten Pflichtfremdsprache durch Vorlage eines Zeugnisses aus dem Herkunftsland
Es gelten die Bedingungen aus den Nummern 8.2 und 8.2.1. und darüber hinaus folgende Regelungen:
8.4.1 Die Note der Erstsprache muss in Anlehnung an die von der KMK vorgegebene Umrechnungstabelle in deutsche Noten umgerechnet werden können. Sie tritt an die Stelle der zweiten Pflichtfremdsprache.
8.4.2 Im Zeugnis wird die Note der jeweiligen Erstsprache im Pflicht- oder Wahlpflichtbereich unter Nennung der Erstsprache eingetragen. Die Note wird mit einem * für die Bemerkung gekennzeichnet. Folgende Bemerkung ist aufzunehmen: * Die Note in der zweiten [Pflichtfremdsprache oder Wahlpflichtfremdsprache eintragen] wird durch die Note in der Erstsprache [Sprache eintragen] aus dem Zeugnis der Schule [Name und Land eintragen] vom [Zeugnisdatum eintragen] ersetzt. Die Note ist versetzungs- und abschlussrelevant. Sie wird bei der Berechnung des Notendurchschnitts einbezogen. Die Note behält ihre Gültigkeit bis zum Ende des Sekundarbereichs I oder bis zum Ende der jeweiligen Bildungsgänge in den berufsbildenden Schulen. Die Note wird ebenfalls in der Einführungsphase anerkannt und in entsprechender Anwendung laut Nummer 8.4.2 im Studienbuch eingetragen, wenn sie in Notenpunkte umgerechnet werden kann.
8.5 Ergänzende Fremdsprachenregelungen für die Bildungsgänge der berufsbildenden Schulen, in denen Abschlüsse nach §§ 29 bis 31 BbS-VO erteilt werden
Sollen Abschlüsse nach §§ 29 bis 31 BbS-VO erteilt werden, können Leistungen in einer Fremdsprache gemäß den Nummern 8 sowie 8.1 bis 8.4 durch Leistungen in den Erstsprachen ersetzt werden.
8.6 Bildungsgänge der berufsbildenden Schulen, in denen Leistungen im Fach Englisch nicht durch Leistungen in den Erstsprachen ersetzt werden können
In den folgenden Bildungsgängen können Leistungen im Fach Englisch nicht durch Leistungen in den Erstsprachen ersetzt werden:
9. Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten
Für die schulische Teilhabe und den Bildungserfolg der neu zugewanderten Schülerinnen und Schüler ist eine enge, vertrauensvolle und partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten von besonderer Bedeutung. Sie setzt die gegenseitige Information und das gemeinsame aktive Bemühen um gegenseitiges Verständnis voraus.
Ein positives Verständnis von Diversität an Schulen zu entwickeln und zu leben, ist eine Aufgabe der gesamten Schulgemeinschaft und sollte folglich von allen Lehrkräften, pädagogischen Fachkräften, Erziehungsberechtigten und auch Schülerinnen und Schülern gefördert und praktiziert werden.
Die Schulen verpflichten sich, auf die Erziehungsberechtigten zuzugehen, sie zu beraten und zu informieren, z. B. zu folgenden Aspekten:
Erziehungsberechtigte sollen dabei ermutigt und darin unterstützt werden, familiäre Mehrsprachigkeit nach eigenem Wunsch und Ausprägung zu leben und gleichzeitig die Aneignung der deutschen Sprache fortzusetzen.
Die Mitwirkung zugewanderter Erziehungsberechtigter im Rahmen der rechtlichen Bestimmungen sowie die Möglichkeiten, sie in die Gestaltung des Unterrichts und des Schullebens einzubeziehen, sind zu nutzen und zu fördern. Auf entsprechendes mehrsprachiges Material auf dem Bildungsportal ist hinzuweisen.
10. Schlussbestimmungen
Dieser RdErl. tritt am 01.02.2025 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2030 außer Kraft.
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