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Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von Projekten im Rahmen des Programms Inklusion durch Enkulturation (IdE)
Erl. d. MK v. 16.9.2015 - 25.1-50165 (Nds. MBl. Nr. 37/2015 S. 1247) - VORIS 22410 -
Bezug:
a) RdErl. d. StK v. 5.5.2015 (Nds. MBl. S. 422) - VORIS 64100 -
b) Erl. d. StK v. 29.6.2015 (Nds. MBl. S. 863) - VORIS 82300 -

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlagen

1.1 Zuwendungszweck

Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und den VV/VV-Gk zu § 44 LHO mit Mitteln des Europäischen Sozialfonds Zuwendungen für Projekte, die i. S. des Rahmenkonzeptes zum Programm Inklusion durch Enkulturation (Anlage 1) geeignet sind, die Rahmenbedingungen für eine bestmögliche Bildungsbeteiligung aller Kinder und Jugendlichen durch Maßnahmen zu verbessern, die über den staatlichen Auftrag hinausgehen.

1.2 Rechtsgrundlagen

Die Gewährung der Zuwendung erfolgt entsprechend den Regelungen der

-
Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds (ABl. EU Nr. L 347 S. 320),
-
Verordnung (EU) Nr. 1304/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 über den Europäischen Sozialfonds (ABl. EU Nr. L 347 S. 470) sowie der
-
Rahmenregelungen der Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung EFRE/ESF (ANBest-EFRE/ESF) - Bezugserlass zu a -

in den jeweils geltenden Fassungen.

1.3 Geltungsbereich

Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die in dieser Richtlinie enthaltenen Regelungen für das gesamte Landesgebiet, also

-
für das Programmgebiet der Regionenkategorie „Übergangsregion (ÜR)“ (Artikel 90 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung [EU] Nr. 1303/2013), bestehend aus den Landkreisen Celle, Cuxhaven, Harburg, Heidekreis, Lüchow-Dannenberg, Lüneburg, Osterholz, Rotenburg (Wümme), Stade, Uelzen und Verden sowie
-
für das aus dem übrigen Landesgebiet bestehende Programmgebiet der Regionenkategorie „stärker entwickelte Region (SER)“ - Artikel 90 Abs. 2 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 -.

1.4 Ausschluss von Ansprüchen

Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Die Bewilligungsstelle entscheidet im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel nach ihrem pflichtgemäßen Ermessen.

2. Gegenstände der Förderung

2.1 Fördertatbestände

Gegenstand der Förderung sind Projekte, die geeignet sind, die in dem Rahmenkonzept (Anlage 1) genannten Ziele zu erreichen, indem die an der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen Beteiligten über die bisher aufgrund gesetzlicher Vorgaben bestehenden Angebote hinaus geschult werden und in Bildungsnetzwerken miteinander agieren.

2.2 Verbot der Doppelförderung

Von der Förderung ausgeschlossen sind Vorhaben, für die eine Förderung aus ESF-Mitteln anderer Landes- oder Bundesprogramme oder aus anderen Mitteln der EU, insbesondere des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), des Europäischen Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) oder des Europäischen Meeres- und Fischereifonds (EMFF) erfolgt; das Vorstehende gilt nicht, soweit die Voraussetzungen des Artikels 65 Abs. 11 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 zur Unterstützung eines Vorhabens aus einem oder mehreren Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) oder aus einem oder mehreren Programmen und aus anderen Unionsinstrumenten gegeben sind.

2.3 Nachrangigkeit der Förderung durch den ESF

Bei Vorhaben oder Teilen von solchen, die aus anderen öffentlichen Programmen oder aufgrund von tariflichen oder öffentlich-rechtlichen Bestimmungen bezuschusst werden, sind diese Finanzierungsquellen vorrangig in Anspruch zu nehmen.

3. Zuwendungsempfänger

3.1 Zuwendungsempfänger sind niedersächsische kommunale Gebietskörperschaften, die das Projekt ggf. unter Einbeziehung von Kooperationspartnern durchführen.

3.2 Einem Unternehmen, das einer Rückforderungsanordnung aufgrund eines früheren Beschlusses der Kommission zur Feststellung der Unzulässigkeit einer Beihilfe und ihrer Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt nicht nachgekommen ist, dürfen keine Einzelbeihilfen gewährt werden (Artikel 1 Abs. 4 a der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung Verordnung [EU] Nr. 651/2014, ABl. EU Nr. L 187 S. 1).

3.3 Sanierungsfälle und Unternehmen in Schwierigkeiten i. S. der Leitlinien der Europäischen Kommission für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung nichtfinanzieller Unternehmen in Schwierigkeiten (ABl. [EU] Nr. C 249 vom 31.7.2014 S. 1) sind von einer Förderung ausgeschlossen.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

4.1 Betriebsstättenprinzip Ort der Durchführung

Der Sitz des Zuwendungsempfängers (als Standort des Vorhabens i. S. des Artikels 70 Abs. 1 Verordnung [EU] Nr. 1303/ 2013) muss in dem jeweiligen Programmgebiet (Regionalkategorien ÜR oder SER) liegen, für das die Förderung beantragt wird.

4.2 Allgemeine Zuwendungsvoraussetzungen (Förderfähigkeit)

Anträge sind förderfähig, wenn sie die nachstehenden Kriterien erfüllen:

-
das Projekt erfüllt die Vorgaben des Rahmenkonzepts „Inklusion durch Enkulturation“ (siehe Anlage 1),
-
der Antragsteller hat sich vor Antragstellung i. S. der Nummer 7.3 Abs. 4 beraten lassen,
-
der Antragsstichtag wurde eingehalten,
-
die erforderlichen Unterlagen wurden vollständig eingereicht,
-
die Finanzierung ist gesichert und der Finanzierungsplan ist ausgeglichen.

4.3 Qualitätskriterien (Förderwürdigkeit)

Bei der Antragstellung sind zur Beurteilung der Förderwürdigkeit als Qualitätskriterien nachzuweisen:

-
Ausrichtung des Projekts am lokalen Bedarf
-
Projektkonzeption
-
Beitrag zur Realisierung der im Operationellen Programm beschriebenen Indikatoren
-
Beitrag zu den Querschnittszielen („Gleichstellung von Frauen und Männern“, „Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit“ und „Nachhaltige Entwicklung“).

Die Gewichtung der Qualitätskriterien (Scoring-Modell) ist aus der Anlage 2 ersichtlich.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung

5.1 Zuwendungsart

Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss in Form einer Anteilfinanzierung zur Projektförderung gewährt.

5.2 Höhe der Zuwendung

Die Förderung aus ESF-Mitteln beträgt in beiden Programmgebieten maximal 50% der zuwendungsfähigen Ausgaben. Die Mindestförderung für ein Projekt beträgt zum Zeitpunkt der Bewilligung insgesamt 40 000 EUR. Die Bewilligungsstelle kann im Einvernehmen mit dem MK im Einzelfall Projekte mit einem höheren ESF-Interventionssatz genehmigen.

5.3 Laufzeiten der Projekte

Die Laufzeit eines Projektes dieser Richtlinie ist grundsätzlich auf 24 Monate beschränkt. Die Bewilligungsstelle kann im Einvernehmen mit dem MK im Einzelfall Ausnahmen zulassen.

5.4 Förderfähige Ausgaben

Es werden nur solche Ausgaben gefördert, die entsprechend dem Musterfinanzierungsplan 3 (Anlage 3 ) zur Projektdurchführung notwendig und angemessen sind:

-
Bildungs- und Beratungspersonal,
-
Vergütungen, Aufenthalts- und Fahrtkosten der Teilnehmenden,
-
Verbrauchsgüter und Ausstattungsgegenstände,
-
Indirekte Ausgaben.

Es ist eine verbindliche Einteilung gemäß den im Musterfinanzierungsplan 3 (Anlage 3) näher beschriebenen Ausgabenkategorien vorzunehmen.

5.5 Pauschalen

Gemäß Artikel 68 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 werden die pauschal angegebenen indirekten Ausgaben in Höhe von 15 % der direkten Personalausgaben (Nummern 1.1, 1.2 und 1.5 des Musterfinanzierungsplans 3) gewährt.

Darüber hinaus kommt entsprechend Artikel 67 Abs. 1 Buchst. b und Buchst. d i. V. m. Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 die Gewährung von Zuschüssen und rückzahlbarer Unterstützung auf Grundlage standardisierter Einheitskosten und auf Grundlage von Pauschalsätzen in Betracht. Die richtlinienspezifische Anwendung und die Höhe wird durch gesonderte Erlasse festgesetzt werden.

5.6 Freistellungsausgaben

Die Kofinanzierung kann auch durch während der Dauer der Qualifizierungsmaßnahmen an die Teilnehmenden fortgezahlten Löhne und Gehälter (Freistellungsausgaben) erfolgen - Bezugserlass zu b -.

5.7 Nicht förderfähige Ausgaben

Nicht förderfähig sind bzw. ist (Artikel 69 Abs. 3 der Verordnung [EU] Nr. 1303/2013 i. V. m. Artikel 13 Abs. 4 der Verordnung [EU] Nr. 1304/2013):

-
die Finanzierungskosten, außer bei Zuschüssen in Form von Zinszuschüssen oder Prämien für Bürgschaften,
-
der Erwerb von Infrastrukturen, Grundstücken und Immobilien,
-
die Umsatzsteuer, die nach dem Umsatzsteuergesetz als Vorsteuer abziehbar ist.

5.8 Ausnahmeregelung

Nummer 8.7 der VV/VV-GK zu § 44 LHO finden keine Anwendung.

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

6.1 Die ANBest-EFRE/ESF sind unverändert zum Bestandteil des Bescheides zu machen. Sie ersetzen die ANBest-P und ANBest-Gk. Abweichungen von den Regelungen aus den ANBest-EFRE/ESF sind in den Zuwendungsbescheid aufzunehmen.

6.2 Neben den Prüfrechten aus Nr. 9 der ANBest-EFRE/ESF und den Mitwirkungspflichten aus Nummer 10 der ANBest-EFRE/ESF, ist der Zuwendungsempfänger insbesondere zu verpflichten, bei der Erfassung der Daten in der geforderten Differenzierung und bei der Bewertung der Förderung nach dieser Richtlinie mitzuwirken. Die hierfür erforderliche Software wird internetgestützt zur Verfügung gestellt und ist zu verwenden.

6.3 Der Zuwendungsempfänger ist darauf hinzuweisen, bei der Förderung auf die Einhaltung der Querschnittsziele „Gleichstellung von Frauen und Männern“ (Artikel 7 ESF-VO), „Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit“ (Artikel 8 ESF-VO) und „Nachhaltige Entwicklung“ (Artikel 8 ESI-VO) und „Gute Arbeit“ (eigenes Querschnittsziel des Landes Niedersachsen in Anlehnung an BR-Drs. 343/13) zu achten.

6.4 Bei Zulassung eines vorzeitigen Maßnahmebeginns werden gegenüber dem Zuwendungsempfänger die ANBest-EFRE/ ESF für verbindlich erklärt.

7. Anweisungen zum Verfahren

7.1 Rechtliche Rahmenbedingungen

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV/VV-GK zu § 44 LHO, soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen sind.

7.2 Bewilligungsstelle

Bewilligungsstelle ist die Investitions- und Förderbank Niedersachsen (NBank), Günther-Wagner-Allee 12-16, 30177 Hannover.

7.3 Antragstellung

Die Bewilligungsstelle stellt die für die Antragsstellung, den Mittelabruf und den Verwendungsnachweis erforderlichen Informationen auf ihren Internetseiten (www.nbank.de) bereit. Sie hält für die Erstellung des zahlenmäßigen Nachweises nach Nummer 6.4 ANBest-EFRE/ESF Vordrucke vor.

Das MK kann im Einvernehmen mit der Bewilligungsstelle Antragsstichtage für das Gesamtprogramm, einzelne Programmteile oder Programmgebiete sowie Sonderschwerpunkte zu bestimmten Themen festlegen. Die Bekanntmachung erfolgt über die Internetseiten der Bewilligungsstelle (www.nbank.de).

Der Förderantrag gilt als rechtzeitig eingegangen, wenn er der Bewilligungsstelle bis zum Ablauf des Stichtags eigenhändig unterschrieben und vollständig zugegangen ist.

Vor Antragstellung erfolgt eine fachlich-inhaltliche Beratung der Projektträger durch das MK und eine zuwendungsrechtlich-finanztechnische Beratung durch die Bewilligungsstelle. Die Initiative zur Kontaktaufnahme erfolgt durch den Projektträger.

7.4 Elektronische Datenübermittlung

Die Übermittlung elektronischer Dokumente sowie das Ersetzen der Schriftform durch die elektronische Form sind nach Maßgabe der für die elektronische Kommunikation geltenden Vorschriften des NVwVfG in seiner jeweils geltenden Fassung zulässig.

7.5 Veröffentlichung in der Liste der Vorhaben

Vor der Bewilligung ist das schriftliche Einverständnis der Zuwendungsempfängerin oder des Zuwendungsempfängers dazu einzuholen, in der Liste der Vorhaben veröffentlicht zu werden (vgl. Artikel 115 Abs. 2, Anhang XII Nr. 1 der Verordnung [EU] Nr. 1303/2013).

7.6 Auswahlverfahren

Die eingereichten Anträge werden von mindestens zwei Gutachterinnen bzw. Gutachtern (je eine Person aus der NBank und aus dem Geschäftsbereich des MK) unabhängig voneinander hinsichtlich der Förderfähigkeit (Nummer 4.2) und der Förderwürdigkeit (Nummer 4.3) geprüft und auf der Grundlage der Förderrichtlinie und des Scoring-Modells (Anlage 2) bewertet.

Die Bewilligungsstelle entscheidet über die Bewilligung der Fördermittel unter Einbeziehung der Gutachten.

7.7 Mittelabruf und Auszahlung

Die Auszahlung der Zuwendung erfolgt in der Regel vierteljährlich auf Antrag des Zuwendungsempfängers. Die Anforderung umfasst den Wert der bei Mittelabruf bereits getätigten, aber noch nicht in einem vorherigen Mittelabruf abgerechneten Ausgaben. Die Zuwendungen dürfen nur soweit und nicht eher ausgezahlt werden, als die zuwendungsfähigen Ausgaben von dem Zuwendungsempfänger getätigt, zahlenmäßig nachgewiesen und von der Bewilligungsstelle geprüft wurden (Ausgabenerstattungsprinzip).

Der Zuwendungsempfänger ist zu verpflichten, seinen Pflichten aus Nummer 6.4 ANBest-EFRE/ESF nachzukommen. Die Bewilligungsstelle hat vor jeder Auszahlung alle von dem Zuwendungsempfänger erklärten tatsächlich getätigten Ausgaben und Vergaben vollständig zu prüfen. Bereits im Rahmen eines vorherigen Mittelabrufs geprüfte und anerkannte Ausgaben müssen nicht erneut belegt und geprüft werden.

8. Schlussbestimmungen

Dieser Erl. tritt am 16.9.2015 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2023 außer Kraft.

An die
Investitions- und Förderbank Niedersachsen (NBank)


Anlage 1

Rahmenkonzept
zu dem Förderprogramm „Inklusion durch Enkulturation (IdE)“ des Europäischen Sozialfonds
für den Förderzeitraum 2014 bis 2020

Inhaltsübersicht

I. Hintergrund

II. Programm „Inklusion durch Enkulturation (IdE)“ im Konvergenzgebiet (2007-2013)

  1. Ziele
  2. Ergebnisse

III. Programm „Inklusion durch Enkulturation (IdE)“ in Niedersachsen (2014-2020)

  1. Ziele
  2. Begriff „Inklusion“
  3. Begriff „Enkulturation“
  4. Zielgruppen
  5. Maßnahmen
  6. Indikatorik

IV. Fazit

I. Hintergrund

Wir alle leben in einer heterogenen, leistungsorientierten Gesellschaft, in der auch heute noch immer ein enger Zusammenhang zwischen Bildung und sozialer, kultureller oder sprachlicher Herkunft erkennbar ist. In der Quote der frühzeitigen Schulabgänger in Niedersachsen ist die Gruppe der Schülerinnen und Schüler mit Migrationsgeschichte überproportional vertreten. Damit steht eine erhebliche Anzahl an qualifizierbaren und arbeitsfähigen Personen dem Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres zur Verfügung, kann sich somit seinen Lebensunterhalt nicht selbst erwirtschaften, sondern ist auf Unterstützung aus dem Solidarsystem angewiesen1).

Neben den fatalen Rückwirkungen auf die Betroffenen selbst birgt dieses Faktum auch ein hohes Risiko für die soziale Kohäsion: junge Menschen, die ihren Platz in der Mehrheitsgesellschaft nicht finden oder nicht finden zu können glauben, weil sie ausgegrenzt werden und/oder sich ausgegrenzt fühlen, stehen in Gefahr, sich in eine Parallelgesellschaft zurückzuziehen, aus der sie nur schwer zurückzuholen sind. Dasselbe gilt beispielsweise auch für Schülerinnen und Schüler, die aus bildungsbenachteiligten Familien kommen und bei denen das Risiko ebenfalls drastisch erhöht ist, den Zugang zu einem erfolgreichen Leben, zur aktiven Bürgerschaft und zu einer existenzsichernden Beschäftigung in der Gesellschaft schon beim Start zu verpassen. Vor dem Hintergrund, dass dieser Zugang insgesamt über eine immer höhere Qualifikation erreicht werden muss, erhöht sich damit auch das Risiko der (Selbst)Ausgrenzung (der Basis von Diskriminierung), womit die Chance auf soziale, kulturelle und politische Teilhabe ebenso drastisch sinkt. Das Bemühen, dieser Gefahr durch Verbote der Diskriminierung entgegenzuwirken ist verbreitet, hat jedoch bislang nicht den gewünschten Erfolg gezeigt.

Die niedersächsische Landesregierung hat das Thema „Vielfalt und Teilhabe stärken“ 2013 als eines ihrer Leitziele in der Koalitionsvereinbarung verankert und dem Thema Bildung eine besondere Bedeutung zukommen lassen. Zudem werden insbesondere in Bezug auf den Einsatz finanzieller Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds die Bereiche Armutsbekämpfung, Sicherung des Fachkräftebedarfs und Förderung von Chancengleichheit und Inklusion benachteiligter Bevölkerungsgruppen als wichtige Schwerpunkte benannt.

II. Programm „Inklusion durch Enkulturation (IdE)“ im Konvergenzgebiet (2007-2013)

1. Ziele

Das übergeordnete Ziel, nämlich die Verringerung der Zahl der Schulverweigerer und Schulabbrecher, d. h. der später Ungelernten und Langzeitarbeitslosen, kann nur erreicht werden, wenn die Kausalität zwischen Bildungserfolg und sozialer, kultureller oder sprachlicher Herkunft aufgelöst wird. Zugleich müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die den Zugang zu einer erfolgreichen Bildungsbiografie und damit zu einem erfolgreichen Leben, zur aktiven Bürgerschaft und zu einer existenzsichernden Beschäftigung aller ermöglicht.

Die Maßnahmen, die auf die Vermeidung von Bildungsrückständen und Vermittlung von Schlüsselkompetenzen - zu denen auch die persönlichen und die sozialen Kompetenzen gehören - abzielen, müssen dabei so früh wie möglich, d. h. bereits im Elementar- und im Primarbereich angelegt werden, um so die Grundlage für eine aktive Bürgerschaft und eine existenzsichernde Beschäftigung zu legen und in der Folge die Armutsgefährdungsraten zu senken.

Hierbei ist es Aufgabe der Kommunen und des Landes, die frühkindliche Bildung in den Kindertagesstätten ebenso wie den Unterricht in den Schulen qualitativ so zu gestalten, dass alle Kinder und Jugendlichen die bestmöglichen Rahmenbedingungen für einen guten Bildungsabschluss vorfinden. Die Kinder und Jugendlichen aus neu zugewanderten Familien sind in diesem Zusammenhang besonders in den Blick zu nehmen, indem an den individuellen Bedarfen ausgerichtete Unterstützungsangebote bereitgestellt werden.

Um bestmögliche individuelle Bildungsvoraussetzungen zu schaffen, reicht die Fokussierung auf frühkindliche Bildung und die Bereitstellung von „guter Schule“ mit gut ausgebildeten pädagogischen Fachkräften - als staatliche Aufgaben -allein jedoch nicht aus. Darüber hinaus müssen übergreifende Systeme entwickelt werden, mit denen die konkreten Bedarfe jeder oder jedes Einzelnen besser in den Blick genommen und Unterstützung geleistet werden kann.

Hier setzt das Programm Inklusion durch Enkulturation an. Optimale Rahmenbedingungen für den Bildungserfolg aller können nur geschaffen werden, wenn letztlich alle Personen, die die Kinder und Jugendlichen in ihrer gesamten Entwicklung begleiten und damit auch Beiträge zu ihrer Bildung leisten, besser miteinander vernetzt und entsprechend geschult werden. In diesem Zusammenhang ist nicht nur eine enge Zusammenarbeit von Kindertageseinrichtungen und Schulen wichtig, zugleich müssen auch lokale Akteure wie Kommunen, Sportvereine, Jugendeinrichtungen etc. und - in besonderem Maße - die Eltern, die die Kinder und Jugendlichen am längsten kontinuierlich begleiten, eingebunden werden.

2. Ergebnisse

Das vom Europäischen Sozialfond geförderte Programm „Inklusion durch Enkulturation“, das in der Verantwortung des Niedersächsischen Kultusministeriums modellhaft in dem Förderzeitraum von 2007 bis 2013 im Konvergenzgebiet umgesetzt werden konnte, hat entscheidend dazu beigetragen, die vorgenannten Ziele zu erreichen2). In insgesamt 38 Projekten konnten hier Maßnahmen gefördert werden, in denen es vor allem darum ging, die bereits bestehenden Systeme im Bildungsbereich weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang stellten der Aufbau nachhaltiger Netzwerk- und Kooperationsstrukturen zwischen verschiedenen Einrichtungen sowie der Aufbau von Erziehungs- und Bildungspartnerschaften neben der Konzeption, Erprobung und Evaluierung von Fortbildungs- und Qualifizierungsmodulen wichtige inhaltliche Schwerpunkte dar.

Mit Hilfe der Projekte wurden Strukturen geschaffen, die dazu beitragen, die Bereitschaft zu (Aus-, Fort- und Weiter-) Bildung insbesondere bei den Erzieherinnen, Erziehern und Lehrkräften, aber auch in der Elternschaft insgesamt zu erhöhen. Über den Transfer in die Bildungseinrichtungen (z. B. Kitas, Schulen, Vereine) konnten dadurch insbesondere auch diejenigen erreicht werden, die in den Bildungsprozess bislang nur unzureichend einbezogen sind. Unter Berücksichtigung der verschiedenen Bedürfnisse, der kulturellen und sozialen Herkunft und der Ressourcen jedes Einzelnen konnte in vielen Fällen ein sicheres Fundament für den Erwerb von Schlüsselqualifikationen für das lebenslange Lernen gelegt werden.

In der abgelaufenen Förderperiode waren die Projekte teilweise sehr unterschiedlich aufgestellt. Viele Fragestellungen wie - Wie viele Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher und Eltern konnten über Qualifizierungsmaßnahmen geschult, wie viele Netzwerke aufgebaut werden? Welche weiteren Maßnahmen, ggf. niedrigschwellige Angebote für Eltern, wurden in die Wege geleitet, um die Zielgruppen besser zu erreichen? Welche neuen Konzepte und Kooperationen sind entstanden? An welchen Stellen konnten Synergien genutzt werden? - standen aber immer wieder im Fokus.

III. Programm „Inklusion durch Enkulturation (IdE)“ in Niedersachsen (2014-2020)

1. Ziele

In der neuen Förderperiode (2014 bis 2020) stehen nunmehr Fördermittel des Europäischen Sozialfonds zur Verfügung, die die Ausweitung des zunächst modellhaft erprobten Programms unter Berücksichtigung der im vorherigen Förderzeitraum gemachten Erfahrungen auf ganz Niedersachsen ermöglicht. Das neue Programm knüpft inhaltlich an das alte an. Dabei ist es nach wie vor Ziel, die Zahl der Schulverweigerer und Schulabbrecher zu reduzieren, indem die Rahmenbedingungen für einen erfolgreichen Bildungsabschluss verbessert werden. Folgende Teilziele, die hierzu einen Beitrag liefern können, sind hierbei im Rahmen der Projekte insbesondere in den Blick zu nehmen:

-
Verminderung der Rückstellungsquote
-
Verringerung des Absentismus
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Erhöhung der Überweisung in die Sekundarstufe II
-
Erhöhung der Sprachkompetenzen
-
Stärkung der Elternkompetenz
-
Erhöhung der Angebote an Zusatzqualifikationen für pädagogisches Personal.

Die Strukturen, die z. B. durch die Bildungsregionen bereits entstanden und die auf eine Vernetzung der Akteure im Bildungsbereich ausgerichtet sind, können hierbei gute Anknüpfungspunkte bieten.

Inwiefern die durchgeführten Maßnahmen (siehe Ziffer III 5.) tatsächlich zur Zielerreichung beitragen, lässt sich mittelfristig anhand der im Operationellen Programm festgelegten Indikatoren (siehe auch Ziffer III 6.) zahlenmäßig belegen. Hierbei sind die Zahlen differenziert nach dem Programmgebiet der Regionenkategorie „Übergangsregion (ÜR)“, bestehend aus dem ehemaligen Konvergenzgebiet und dem Programmgebiet der Regionenkategorie „stärker entwickelte Region (SER)“, nämlich dem restlichen Niedersachsen zu betrachten.

Unabhängig davon kann eine programmgebietsübergreifende Netzwerkbildung gewinnbringend sein, da die Projektträger aus dem SER von den Erfahrungen der Projektträger aus dem ÜR profitieren und zudem auf diesem Wege zu einer neuen Netzwerkbildung beitragen. Andererseits können sich für die bisherigen Projektträger aus dem ÜR durch die Zusammenarbeit neue Schwerpunkte ergeben, die Bestandteil künftiger Anträge sein könnten.

2. Begriff „Inklusion“ (i. S. des Programms IdE)

Das Konzept der Inklusion geht davon aus, dass wir in einer kohärenten Gesellschaft leben, in der die Chancen auf soziale, kulturelle und politische Teilhabe gerecht verteilt sind - oder zumindest dem Anspruch nach sein sollen - und von den Mitgliedern der Gesellschaft auch aktiv genutzt werden.

In einer Gesellschaft, die nach dem Konzept der Inklusion organisiert ist, stellt sich die Frage der Definition von Gruppen nicht. Stattdessen rückt der Einzelne mit seinen individuellen Kompetenzen und Bedürfnissen in den Mittelpunkt. Von Interesse ist nicht die Zugehörigkeit des Einzelnen zu einer Gruppe, da davon auszugehen ist, dass jede und jeder immer gleichzeitig mehreren sozialen Gruppen angehört, die aber nicht gleichzeitig von Relevanz sein müssen. Im Fokus stehen vielmehr die (speziellen) Bedürfnisse eines konkreten Menschen, die erfüllt sein müssen, damit die Chance auf Teilhabe wahrgenommen werden kann. Zur Umsetzung des Programmziels „Inklusion“ ist dieses Konzept die thematische Grundlage und Richtwert.

3. Begriff „Enkulturation“ (i. S. des Programms IdE)

Enkulturation im hier verwendeten Sinn ist der Prozess, durch den das Individuum im Laufe seines Aufwachsens in einer (sozialen, kulturellen, wirtschaftlichen und politischen) Gruppe mit den Regeln dieser Gruppe sowie mit den Sanktionen für die Verletzung der Regeln vertraut gemacht wird, wobei alle Gesellschaften, die wir kennen, über Normen- und Wertesysteme verfügen.

Bei der Enkulturation wird im allgemeinen ein „geschlossenes System“ vermittelt, d. h., es werden nicht nur die konstituierenden Regeln für den Gruppenzusammenhalt weitergegeben, sondern auch Sitten und Gebräuche, also auch das, was „man“ tut oder unterlässt, wenn man „normal“ sein und nicht Befremden in seiner Gruppe erregen will. Die Unterscheidung, was eine konstituierende Norm für die Gruppenkohäsion und was lediglich Sitte oder unerwünschtes bzw. erwünschtes Verhalten ist, wird deshalb in der Regel nicht trainiert und so scheint sie nicht immer und nicht allen leicht zu fallen. Erschwert wird die Unterscheidung auch dadurch, dass der Prozess der Enkulturation meist so unmerklich und „beiläufig“ geschieht, dass dem Individuum die verinnerlichte Kultur (z. B. auch tradierte Fakten und deren Bewertungen) als selbstverständlich und „richtig“ erscheint, mithin alles davon Abweichende nur als „falsch“ eingestuft werden kann. Das gilt natürlich auch - und wahrscheinlich sogar besonders - für die Einschätzung anderer Kulturen, die es in einer multikulturellen Gesellschaft „gleich nebenan“ gibt.

In einer Gesellschaft ohne sofort erkennbaren „übergeordneten“ Normierungsdruck durch eine „Leitkultur“ hat die oder der Einzelne die Freiheit, seine Gruppierungen selbst zu bestimmen. Auf der anderen Seite kann diese Freiheit aber auch - je nach individueller Disposition bzw. Ausgangssituation - den Stress einer ständigen Orientierungsreaktion erzeugen.

Einem solchen Stress versuchen vor allem jene zu entgehen, die sich dem Komplexitätsgrad einer offenen Informations- und Wissensgesellschaft nicht gewachsen fühlen: Sie fühlen sich nicht in der Lage, ihre Strukturen selbst zu setzen, sondern suchen (und finden) sie außerhalb ihrer selbst in klar durchgestalteten, aber nahezu immer autoritären Gruppierungen, die dann für sie das „bessere Milieu“ darstellen.3)

Von daher muss (auch durch Enkulturation) zunächst sichergestellt werden, dass möglichst alle mit der komplexen Realität in unserer Gesellschaft sowie mit der Koexistenz verschiedener kultureller Identitäten und Überzeugungen konstruktiv und erfolgreich umzugehen lernen, um keinen zu verlieren (Konzept der Inklusion). Es gilt deshalb, zum einen vorrangig auch jene Gruppen zu erreichen, deren vermittelte Werte und Normen bisher unhinterfragt und unkommentiert geblieben sind, also auch nicht daraufhin überprüft wurden, ob und wie sie mit den konstituierenden Normen für das Zusammenleben in diesem Staat (Land Niedersachsen in der Bundesrepublik Deutschland) in Einklang zu bringen sind.

Zum anderen sind jene anzusprechen, die sich schwer damit tun, das „geschlossene System“ ihrer Enkulturation einer Werte- und Normendiskussion zugänglich zu machen, weil die Reflexion darüber entweder nur ungewohnt und daher leicht lästig, oder irritierend und verstörend, weil die gewohnte Sicherheit nehmend oder sogar „Tabu-belegt“ ist.

4. Zielgruppen im Zusammenhang mit IdE

Das Programm IdE richtet sich nicht unmittelbar an die Kinder und Jugendlichen selbst. Es setzt vielmehr noch früher, nämlich bei den an der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen beteiligten Personen, insbesondere den Erzieherinnen und Erziehern, den Eltern und den Lehrkräften an. All diese Bezugspersonen sollen z. B. über Qualifizierungsmaßnahmen in die Lage versetzt werden, die Kinder bei dem Erwerb von Schlüsselkompetenzen zielgerichtet und effektiv zu unterstützen.

So sollen die Erzieherinnen und Erzieher in Bildungsinstitutionen im Elementarbereich (Kindertagesstätten) durch zusätzliche Qualifizierungsangebote lernen, eine kompensierende Erziehung zu leisten. Dazu gehört nicht nur die Fähigkeit, die Defizite der Kinder zu erkennen und bewältigen zu helfen, sondern vor allem auch, deren Stärken wahrzunehmen und sie für die Inklusion nutzbar zu machen. Das setzt voraus, dass sich die Erzieherinnen und Erzieher zum einen nicht nur darüber verständigen müssen, welche Qualifikationen und welche Unterstützungsangebote in der „staatlichen" (Zusatz-) Enkulturation notwendigerweise vermittelt werden sollten, sondern auch, welche Normen durchgesetzt werden müssen, um dem Kind die Chance zu erhalten, die wesentlichen Schlüsselqualifikationen zu erwerben.

In diesem Zusammenhang könnten u. a. folgende Fragestellungen in den Fortbildungsveranstaltungen thematisiert werden:

-
Welche Schlüsselqualifikationen sind in Bezug auf die eigene Einrichtung (Kita), aber auch auf die künftige (Schule) als wesentlich anzusehen?
-
Welche Normen, Werte und Schlüsselqualifikationen sind konstituierend für das Leben und den Erfolg in dieser Gesellschaft und müssen daher erfüllt werden? (Notwendigkeit der Anpassung)
-
Welche Normen, Werte und Schlüsselqualifikationen dürfen hingegen der „kulturellen Relativität“ unterliegen und stellen eine kulturelle Bereicherung aller dar? (Toleranz und Wertschätzung der Diversität in unserer Gesellschaft)
-
Wie stelle ich sicher, dass zu diesen Fragestellungen Konsens mit anderen beteiligten Institutionen besteht?

Da nicht davon auszugehen ist, dass das Personal der Bildungsinstitutionen diese Herausforderungen (über das bisherige Maß hinaus) weiter aus eigener Kraft angehen kann, braucht es Unterstützung. So muss es zum einen Angebote für die erforderlichen Qualifizierungsmaßnahmen und andererseits Entlastung von den täglichen Aufgaben geben, um die neuen Routinen zu lernen, zu übernehmen und zu pflegen. In Qualifizierungsmaßnahmen zur Reflexion über die eigene Position zu den rechtlichen Vorgaben (u. a. den acquis communautaire des Gemeinschaftsrechts) könnte auch die Erfahrung der Gedenkstätten und anderer Organisationen im Feld der Arbeit für Menschenrechte und Demokratieerziehung einbezogen werden.

Für die Eltern sollen geeignete, bei Bedarf auch niedrigschwellige Angebote erarbeitet oder vorhandene entsprechend adaptiert werden, um auch ihnen bei der (Selbst)Eingliederung zu helfen und sie dabei zu unterstützen, mit den Bildungsinstitutionen ihrer Kinder eine Bildungs- und Erziehungspartnerschaft einzugehen.

Neben den Erzieherinnen und Erziehern im Elementarbereich und den Eltern sind auch Lehrkräfte insbesondere des Primar- und Sekundarbereichs I eine Zielgruppe. Sie sollen zum einen die im Elementarbereich begonnene Zusammenarbeit mit den Eltern weiterführen, speziell im Bereich des Interkulturellen Dialogs, wofür sie vergleichbare Qualifizierungsmaßnahmen benötigen4). Sie sollen aber außerdem auch dafür sensibilisiert werden, dass viele Eigenschaften, Fähigkeiten und Verhaltensweisen der Kinder und Jugendlichen, die „anders“ sind (und daher oft als störend empfunden werden), zu ergänzenden Kompetenzen weiterentwickelt werden könnten.

Außerdem sollen unter fachlich ausgewiesener Leitung Kooperationsstrukturen und Netzwerke etabliert werden, in denen einerseits der Austausch guter Praxis möglich ist und andererseits gute Unterstützungssysteme für alle Beteiligten entstehen können. Gleichzeitig soll überprüft werden, ob durch Bündelung von Maßnahmen möglicherweise Synergieeffekte entstehen können.

Obwohl dieses Konzept Initiativen der EU aufnimmt und die Ziele nicht neu sind, geht doch die Fokussierung auf die Ermöglichung von Inklusion und damit Teilhabe durch die Vermittlung von elementaren (konstituierenden) Schlüsselqualifikationen, Werten und Normen für den Erfolg in dieser Gesellschaft (d. h. Enkulturation) auch an Gruppen, die sich eher in „Parallelgesellschaften“ oder „Subkulturen“ eingerichtet haben, weit über das bisher üblicherweise von Schule Geforderte hinaus. Eine sorgfältige (zumindest interne) Evaluation sollte deshalb bei jedem Projekt prüfen, inwieweit die ambitionierten Ziele erreicht werden konnten.

5. Maßnahmen

Im Rahmen des Programms IdE werden regionale Vorhaben unterstützt, die geeignet und darauf ausgerichtet sind, die Menschen aus dem Umfeld der Kinder und Jugendlichen, die ihre Entwicklung begleiten und damit auch Beiträge zu ihrer Bildung leisten, besser miteinander zu vernetzen. Die Inhalte der Vorhaben müssen darauf ausgelegt sein, die bei den Bildungsbeteiligten (Netzwerkpartnern) - z. B. aus den Bereichen Schule, Kindertagesstätte, Jugendarbeit, Vereine, aber auch aus dem Elternhaus, jeweils vorhandenen Kompetenzen in inklusiven Bildungsnetzwerken zusammenzuführen und gemeinsam weiterzuentwickeln. In regelmäßigen Netzwerktreffen werden hierbei Aktivitäten unterschiedlichster Art geplant, die inklusive Prozesse anstoßen, unterstützen und weiter befördern. Hierzu gehören beispielsweise die Entwicklung gemeinsamer Strategien zur Überwindung von sozialen und kulturellen Unterschieden, zur Sensibilisierung für das Thema Interkulturalität, zur Aktivierung zur (Eltern-)Mitarbeit sowie die Erarbeitung von Konzepten zur gegenseitigen Hospitation oder die Erörterung von Lösungsansätzen für aktuelle regionale Problemlagen. Ein weiterer Schwerpunkt der Projekte muss darauf liegen, aus den Netzwerkpartnern heraus Personen zu gewinnen, die als Multiplikatorinnen und Multiplikatoren geschult und ihre im Netzwerk zusätzlich erlangten Kompetenzen in ihrem speziellen Umfeld weiterzugeben. Auf diese Weise werden die Voraussetzungen einerseits dafür geschaffen, die einzelnen Bildungsnetzwerke noch weiter auszubauen, indem sich weitere Netzwerkpartner im Verlauf des Prozesses anschließen. Andererseits kann die Entstehung neuer Bildungsnetzwerke angestoßen und zielgerichtet unterstützt werden.

Im Rahmen des Programms IdE können somit Projekte gefördert werden, die geeignet sind, die in diesem Kontext genannten Ziele zu erreichen, sofern die Vorgaben aus der Förderrichtlinie erfüllt werden.

Innerhalb eines solchen Projektes werden folgende Maßnahmen gefördert:

-
Entwicklung von Kooperationen und von institutionsübergreifenden Bildungsnetzwerken, die möglichst aus mindestens fünf Netzwerkpartnern (z. B. Kindertagesstätte, Schulen verschiedener Schulformen, Sportverein, Jugendzentrum, Elternverein, Migrantenorganisationen, migrantische Netzwerke) bestehen. Dazu zählen
-
Aufbau von neuen und Ausbau von bereits bestehenden Netzwerken aller relevanten Akteure, die mit den gleichen Zielgruppen und der gleichen oder einer ähnlichen Zielsetzung arbeiten,
-
Aufbau von neuen und Ausbau von bereits bestehenden Kooperationsstrukturen zwischen Einrichtungen, die mit gleichen Zielgruppen und an vergleichbaren Aufgaben arbeiten, mit dem Ziel der Nachhaltigkeit,
-
Entwicklung, Erprobung und Evaluierung von Bildungs- und Erziehungspartnerschaften
-
Konzeptionierung, Erprobung und Evaluierung von Fortbildungs- und Qualifizierungsmodulen
-
für die einzelnen Zielgruppen
-
als gemeinsame Veranstaltungen
-
Entwicklung, Erprobung und Evaluierung von neuen Konzepten und Modulen zu Schwerpunktthemen wie
-
frühzeitige Förderung der Sprachbewusstheit
-
Elternarbeit
-
interkulturelle Erziehung
-
individuelle Lernbegleitung
-
neue Lernformen (z. B. e-learning, multimediales Training)
-
Verhinderung der Ausgrenzung von bildungsfernen und/oder benachteiligten Gruppen durch Zusammenwirken aller relevanten Akteure
-
Förderung des Bewusstseins für bürgerschaftliche Teilhabe/aktive Bürgerschaft und des Engagements für Demokratie und Menschenrechte
-
Implementierung von Kooperationsstrukturen zur Beratung und Förderung im Bildungsbereich
-
gegenseitige Evaluation und Fortentwicklung der Maßnahmen verschiedener Projektträger
-
Übertragung der gefundenen Lösungen auf noch nicht am Prozess beteiligte Kommunen und Bildungseinrichtungen
-
Verbesserung von Qualitätsstandards und Zertifizierungssystemen.

6. Indikatorik

Inwieweit das Projekt tatsächlich zur Zielerreichung i. S. des Programms beigetragen hat, bemisst sich u. a. daran, ob die im Operationellen Programm für die einzelnen Indikatoren bis zum Ende der Förderperiode festgelegten Zielzahlen erreicht werden konnten.

Outputindikatoren sind:

-
Zahl der neu entstandenen Bildungsnetzwerke (ÜR mindestens 5, SER mindestens 20)
-
Zahl der geförderten Bildungsnetzwerke, die Aktivitäten mit Eltern als einen der Arbeitsschwerpunkte enthalten (ÜR mindestens 8, SER mindestens 15)
-
Zahl der bereits in der Förderperiode 2007-2013 existierenden Bildungsnetzwerke, die zwecks Verbreiterung und/ oder Vertiefung gefördert werden (ÜR mindestens 7)
-
Zahl der innerhalb der Bildungsnetzwerke bzw. durch die Netzwerkaktivitäten durchgeführte Schulungs-/Lerneinheiten (ÜR mindestens 1 700, SER mindestens 5 600).

Ergebnisindikatoren sind:

-
Durchschnittliche Zahl der Netzwerkpartner in neu aufgebauten Bildungsnetzwerken (ÜR und SER jeweils 5 bei Beginn, 20 bei Ende der Förderperiode)
-
Anteil der bereits existierenden Bildungsnetzwerke, die einen weiteren fachlichen Schwerpunkt ausbilden (ÜR 50 % bei Beginn, 90 % bei Ende der Förderperiode)
-
Anteil der neuen Bildungsnetzwerke, die im Verlauf der Förderperiode mindestens drei fachliche Schwerpunkte ausbilden (ÜR und SER jeweils 50 % bei Beginn, 60 % bei Ende der Förderperiode).

IV. Fazit

In einer multikulturellen, von ständig steigenden Zuwanderungszahlen geprägten Gesellschaft, muss geklärt sein, welche Normen und Schlüsselqualifikationen konstituierend und daher erforderlich sind, um schulischen und beruflichen Erfolg zu erreichen und sowohl aktiv an der Gesellschaft teilzuhaben als auch seinen eigenen Beitrag zur Gesellschaft und deren Fortentwicklung zu leisten. Diese konstituierenden Schlüsselqualifikationen und Normen müssen möglichst früh vermittelt werden, damit von vornherein ein Scheitern vermieden werden kann. Staatliche Instanzen (hier die Bildungsinstitutionen ab dem Elementar- und Primarbereich) müssen in besonderem Maße Kinder bei diesem Enkulturationsprozess unterstützen, gerade in den Fällen, in denen der vorschulische Sozialisations- und Erziehungsprozess nicht ausreichend dafür gesorgt hat, die notwendigen Normen und Schlüsselqualifikationen zu vermitteln. Da jedoch die Inklusion der Kinder kaum ohne die Eltern gelingen kann, müssen auch diese in den Klärungsprozess mit einbezogen werden, in dem definiert wird, welche Normen und Schlüsselqualifikationen für ein erfolgreiches Leben in dieser Gesellschaft konstituierend sind und daher übernommen werden müssen und welche als Ausdruck von Vielfalt in unserer Gesellschaft parallel bestehen können.

Inklusion durch Enkulturation ist ein Prozess, der sehr früh im Elementarbereich beginnt und sich im weiteren Bildungsweg fortsetzt. Messbare Zahlen zur Erreichung der übergeordneten Ziele, nämlich Verringerung der Schulabbrecherquote und Erhöhung der Zahl hochwertiger Bildungsabschlüsse, werden innerhalb des sechsjährigen Förderzeitraums nicht vorliegen können. Um den Erfolg des Programms zeitnah bewerten zu können, muss vielmehr anhand der von den Projektträgern vorzulegenden Projektberichte betrachtet werden, inwieweit es gelungen ist, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass die vorgenannten Ziele tatsächlich erreicht werden können.

________________
1) Stärken- und Schwächen-Analyse (SWOT) für das Land Niedersachsen und seine Regionen vom 6.6.2013.
2) Niedersächsischer Durchführungsbericht 2013 für den ESF im Ziel Konvergenz vom 18. 6. 2014.
3) Der Zulauf, den extrem rechte und linke, fundamentalreligiöse und andere autoritäre Gruppierungän haben, fände damit partiell eine Erklärung.
4) Diese Fortbildungsmaßnahmen unterscheiden sich von der üblichen Qualifizierungen, die das Land Niedersachsen für die Lehrkräfte bereitstellt, da sie keine primär unterrichtsbezogene Fortbildung darstellen (also zumindest mittelbar die Verbesserung des Unterrichts anstreben), sondern für die Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern qualifizieren und damit den Erziehungsauftrag in den Mittelpunkt stellen. In diesem Kontext stellen gemeinsame Qualifizierungsmodule mit Erzieherinnen und Erziehern eine wichtige zielführende Ergänzung dar.


Anlage 2

Scoring-Modell
zur Bewertung von Zuwendungsanträgen nach der Richtlinie „Inklusion durch Enkulturation“

Die Projektanträge müssen die in Nummer 4.2 der Richtlinie genannten Qualitätskriterien erfüllen. Sie werden von Gutachtern nach einem Punktesystem bewertet, wobei die Projektanträge maximal insgesamt 100 Punkte erhalten können. Die Projektanträge sind förderwürdig, wenn eine Mindestpunktzahl von 75 erreicht wird.

Das Projekt muss bei allen Kriterien mindestens die Hälfte der Maximalpunktzahl erhalten.

Lfd.
Nr.
Qualitätskriterien Bewertung (Punkte) Höchst- punktzahl
1 Ausrichtung des Projekts am lokalen Bedarf
z. B.
-
bestehende Netzwerke, ggf. Schwerpunkte im Projektgebiet
-
Strukturen der relevanten Bildungssysteme
-
Darstellung des Problemdrucks im Projektgebiet (wie: Entwicklung von Zuwanderungszahlen, hohe Schulabbrecherquote, Zahl der Jugendlichen ohne Ausbildung etc.)
0 - 15 15
2 Projektkonzeption
-
Schlüssiges Gesamtkonzept
Ziele, Inhalte, Methoden, Ablauf sowie Meilensteinplanung, Zertifikate, individuelle Voraussetzungen der Projektteilnehmenden, Auswahl und Ansprache der Zielgruppe(n), angemessene Qualifikation des Personals, Evaluation (Formulierung von Prüfsystemen, Ermittlung der Zahlen zu den unter 3. beschriebenen Indikatoren), Angemessenheit der Ausgaben im Verhältnis zur Durchführung und Zielsetzung des Projektes, Umgang mit Widerständen, Kontrolle von Seiten- und Nebeneffekten
-
Beitrag zur Erreichung der inhaltlichen Ziele von IdE, z. B.
-
Verminderung der Rückstellungsquote
-
Reduzierung der Schulabbrecherquote
-
Verringerung des Absentismus
-
Erhöhung der Überweisungen in die Sekundarstufe II
-
Erhöhung der Sprachkompetenzen
-
Stärkung der Elternkompetenz, Erhöhung der Teilnahme von Eltern an Schule (Schulleben, Schulverwaltung)
-
Erhöhung der Angebote an Zusatzqualifikationen für pädagogisches Personal
-
Innovationsgehalt
-
neue und/oder bewährte Maßnahmen bzw. Wege in neuer Zusammenstellung
-
neue Ziele
-
Innovation im Kontext der Ausgangslage
-
ungewöhnliche Projektpartner/innen
-
bisher vernachlässigte Zielgruppen
0 - 40 40
3 Beitrag zur Realisierung der im Operationellen Programm beschriebenen Indikatoren
-
Aufbau von neuen Bildungsnetzwerke mit mindestens 5 Netzwerkpartnern
-
Ausbau von bereits bestehenden Bildungsnetzwerken durch weitere Netzwerkpartner
-
Schwerpunktthema Arbeit mit Eltern
-
Durchführung von Schulungs-/Lerneinheiten
-
Ausbildung von fachlichen Schwerpunktthemen
0 - 20 20
4 Beitrag zu den Querschnittszielen (jeweils konzeptionelle Beschreibung der Analyse, Ziele, Maßnahmen, Evaluation) 0 - 25 25
a) Gleichstellung von Männer und Frauen, z. B.
-
Einbindung der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten und der oder des kommunalen Integrationsbeauftragten
-
Qualifizierungsmaßnahmen zur geschlechtersensiblen Pädagogik/Sozialisation
(max. 8)
b) Chancengleichheit sowie Nichtdiskriminierung, z. B.
-
Beitrag zur Erhöhung der Chancengleichheit von Kindern und Jugendlichen mit Migrationsgeschichte und aus bildungsfernen Familien
-
Qualifizierungsmaßnahmen zu Themen wie interkulturelle Kompetenzen, Diversity-Management, interreligiöser Dialog, Toleranz
-
Sensibilisierung für die Themen Diskriminierung, Demokratie, Menschenrechte, Chancengleichheit
(max. 11)
c) Nachhaltige Entwicklung (ökologisch, sozial, ggf. auch ökonomisch), z. B.
-
Öko-Audit-Zertifizierung des Projektträgers bzw. Vorhandensein eines individuellen Energiekonzepts/-controllings
-
Implementierung eines nachhaltigen Beschaffungssystems
-
Beitrag des Projektes zur Verbesserung sozialer Herausforderungen (soziale Innovation)
(max. 6)

Die Benennung der Unterpunkte dient nur der bespielhaften Veranschaulichung. Diese Unterpunkte müssen weder abschließend bearbeitet werden noch erheben sie den Anspruch auf Vollständigkeit. Eine Bearbeitung projektspezifischer zusätzlicher Aspekte ist ausdrücklich erwünscht.


Anlage 3

Musterfinanzierungsplan 3

  1. Bildungs- und Beratungspersonal
    Gesamtausgaben aller Förderjahre zusammen Zuwendungs- fähige Ausgaben Nicht
    zuwendungs- fähige Ausgaben
     
    1.1 Bezüge für eigenes und fremdes Personal inklusive Sozialabgaben     EUR
    1.2 Ausgaben für Honorarkräfte     EUR
    1.3 Reise- und Dienstreisekosten des Bildungspersonals     EUR
    1.4 Ausgaben für Lehrgänge externer Einrichtungen     EUR
    1.5 Arbeitsentgelt des Verwaltungspersonals inklusive Sozialabgaben     EUR
    Summe 1.1 bis 1.5     EUR
  2. Vergütungen, Aufenthalts- und Fahrtkosten der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
    2.1 Unterhaltsgeld bzw. Leistungen an Teilnehmerinnen oder Teilnehmer     EUR
    2.2 mit diesen Leistungen verbundene Abgaben     EUR
    2.3 Krankenversicherungs- und Altersversorgungsabgaben     EUR
    2.4 sonstige Sozialabgaben     EUR
    2.5 tägliche Fahrtkosten     EUR
    2.6 tägliche Unterkunfts- und Verpflegungskosten bei auswärtigen Lehrgängen einschließlich etwaiger Fahrtkosten     EUR
    2.7 Kinderbetreuungskosten (Erstattung für Tagesmütter etc.)     EUR
    Summe 2.1 bis 2.7     EUR
  3. Verbrauchsgüter und Ausstattungsgegenstände
    2.1 Nicht abschreibungsfähige Verbrauchsgüter für die Ausbildungsmaßnahmen (einschließlich Schutzkleidung)     EUR
    2.2 Ausstattungsgegenstände - Miete und Leasing (nur programmgebundene Geräte)     EUR
    2.3 Ausstattungsgegenstände - Abschreibungen nach dem Recht der einzelnen Mitgliedstaaten     EUR
    Summe 3.1 bis 3.3     EUR
  4. Indirekte Ausgaben
    umfasst 4.1, 4.3, 4.4 und 4.5 des Musterfinanzierungsplans 1     EUR
    Summe     EUR
     
    Summe der Ausgaben     EUR
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