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Genehmigung, Einführung und Benutzung von Schulbüchern an allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen in Niedersachsen
RdErl. d. MK v. 1.8.2014 - 26.2 - 82221 (SVBl. 8/2014 S.402), geändert durch RdErl. v. 1.11.2019 (SVBl. 11/2019 S. 575) - VORIS 22410 -

1. Begriffsbestimmung

1.1 Schulbücher im Sinne dieses Erlasses sind zu Unterrichtszwecken bestimmte Druckwerke für die Hand der Schülerin oder des Schülers sowie digitale Lehrwerke, die im Unterricht für einen längeren Zeitraum als Hauptarbeitsmittel benutzt werden. Als längerer Zeitraum gilt:

- im Primarbereich und im Sekundarbereich I: mindestens ein Schuljahr oder im Wahlpflichtbereich mindestens ein Schulhalbjahr,
- im Sekundarbereich II: mindestens ein Schuljahr oder ein Kurshalbjahr.

1.2 Schulbücher sind außerdem solche unerlässlichen Arbeitsmittel in gedruckter und digitaler Form, die zusätzlich zum Hauptarbeitsmittel für mehrere Schuljahre eingesetzt werden, wie z. B. Atlanten, Literaturgeschichten, Liederbücher, Tabellenwerke, Wörterbücher.

1.3 Lernmittel, die den unter Ziffer 1.1 und 1.2 aufgeführten Anforderungen nicht entsprechen, sind keine Schulbücher, sondern unterrichtsbegleitende Materialien wie z. B. Arbeitsblätter und Arbeitshefte in gedruckter und digitalisierter Form, digitale Medien wie das Schulbuch ergänzende Lernsoftware oder Lernmittel mit interaktiven Zugängen.

2. Genehmigungspflicht

2.1 An den allgemein bildenden und berufsbildenden Schulen Niedersachsens dürfen nur Schulbücher benutzt werden, die nach den Bestimmungen dieses Erlasses genehmigt und eingeführt worden sind.

2.2 Schulbücher für den herkunftssprachlichen Unterricht, die in anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland geprüft und genehmigt wurden, gelten ohne erneutes Prüfverfahren als genehmigt, siehe auch Nr. 6.2.

3. Voraussetzungen für die Genehmigung

3.1 Ein Schulbuch wird genehmigt, wenn sein Inhalt

3.1.1 nicht gegen allgemeine Verfassungsgrundsätze oder sonstige Rechtsvorschriften verstößt,

3.1.2 mit dem Bildungsauftrag der Schule gemäß § 2 NSchG übereinstimmt,

3.1.3 mit den Anforderungen der Rahmenrichtlinien und Kerncurricula inhaltlich, didaktisch und methodisch vereinbar ist und den gesicherten Erkenntnissen der fachlichen und pädagogischen Forschung entspricht.

3.2 Die Genehmigung von Schulbüchern für den Religionsunterricht erfolgt im Einvernehmen mit den zuständigen Religionsgemeinschaften.

3.3 Um die Wiederverwendbarkeit von Schulbüchern sicherzustellen, ist kein Raum für Eintragungen durch Schülerinnen und Schüler vorzusehen. Ausgenommen hiervon sind Schulbücher für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf, Schulbücher für den 1. Schuljahrgang, jahrgangsübergreifende Schulbücher für den 1. und 2. Schuljahrgang sowie Schulbücher für den herkunftssprachlichen Unterricht, die im Primarbereich verwendet werden.

3.4 Digitale Lehrwerke gemäß Nr. 1.1, digitale Arbeitsmittel gemäß Nr. 1.2 sowie digitale Lernmittel gemäß Nr. 1.3 dürfen keine Werbeelemente enthalten.

4. Genehmigungsverfahren

4.1 Der Antrag auf Genehmigung eines Schulbuches ist vom Verlag an das Niedersächsische Landesinstitut für schulische Qualitätsentwicklung (NLQ) zu richten.

4.2 Die Schulbücher werden in der Regel in einem vereinfachten Verfahren ohne Gutachter zugelassen. Zur vereinfachten Zulassung reichen die Schulbuchverlage ihre Buchtitel zusammen mit einem Belegexemplar oder bei digitalen Lehrwerken mit einem Zugangscode beim NLQ ein. Lediglich für die Fächer Evangelische Religion und Islamische Religion sind zwei Belegexemplare einzureichen. Ferner sind Schulform und Jahrgang, für die das Schulbuch bestimmt ist, anzugeben. Gleichzeitig haben die Schulbuchverlage eine schriftliche Versicherung der Vereinbarkeit des Buchtitels mit den Bestimmungen dieses RdErl., insbesondere mit den Kriterien gemäß Nr. 3 und Nr. 4.4, beizufügen.

Das NLQ überprüft die Zulassungsvoraussetzungen von Schulbüchern durch Stichproben oder wenn erhebliche Bedenken gegen ein Schulbuch bestehen. Hierzu können in Zweifelsfällen Gutachter herangezogen werden. Als Gutachter sind vorzugsweise Fachberaterinnen und Fachberater, Fachmoderatorinnen und Fachmoderatoren und Seminarleiterinnen und Seminarleiter zu bestellen.

Auf Antrag des Verlages kann auch für Fächer, die dem vereinfachten Verfahren zugeordnet sind, ein Gutachterverfahren, wie unter Nr. 4.3 beschrieben, durchgeführt werden.

4.3 In den Fächern:

- Evangelische Religion
- Katholische Religion
- Islamische Religion

erfolgt im Einvernehmen mit den Religionsgemeinschaften die Zulassung im Gutachterverfahren. Hierzu beauftragt das NLQ Gutachterinnen und Gutachter.

Das NLQ prüft das Schulbuch und entscheidet über den Antrag auf Genehmigung. Das Niedersächsische Verwaltungsverfahrensgesetz ist in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

4.4 Enthalten Schulbücher Anleitungen für naturwissenschaftliche Experimente oder Arbeitsanleitungen, die die Verwendung von Gefahrstoffen vorsehen, so haben die Verlage sicherzustellen, dass diese den einschlägigen Rechtsvorschriften, dem Regelwerk der gesetzlichen Unfallversicherung sowie den Regelungen zur Sicherheit im Unterricht (zzt. „Richtlinie zur Sicherheit im Unterricht (RiSU) - Empfehlung der Kultusministerkonferenz“ Beschluss der KMK vom 9.9.1994 i.d.F. vom 27.2.2013) in der jeweils geltenden Fassung entsprechen.

Für naturwissenschaftliche Experimente, die den Einsatz von Gefahrstoffen vorsehen, soll in den Lehrermaterialien eine Muster-Gefährdungsbeurteilung nach den Vorgaben der Richtlinie zur Sicherheit im Unterricht in der jeweils geltenden Fassung zur Verfügung gestellt werden.

4.5 Neben ausgedruckten Büchern und digitalen Lehrwerken werden Typoskripte angenommen, wenn sie redaktionell abgeschlossen sind und der Verlag zusichert, dass es sich um die endgültige Fassung handelt. In diesem Fall ist ein Exemplar der verkaufsfertigen Druckfassung nachzureichen. Unzureichende Typoskripte können zurückgewiesen werden.

4.6 Die Genehmigung kann mit Auflagen versehen oder unter Bedingungen erteilt werden. Sie kann widerrufen werden, wenn das Schulbuch nicht mehr den Anforderungen gemäß Nr. 3 entspricht oder der Verlag die im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen nicht erfüllt hat. Ebenso erfolgt ein Widerruf bei Verstoß gegen die nach Nr. 1 abgegebene Verpflichtungserklärung. Ein Widerruf kann auch erfolgen, wenn das Schulbuch nicht an aktuelle Gesetzesänderungen o. Ä. zeitnah angepasst wird.

4.7 Die Genehmigung erstreckt sich auch auf inhaltsgleiche Ausgaben, die sich lediglich durch die Art des Einbandes unterscheiden. Digitale Lehrwerke, die inhaltlich identisch mit einem gedruckten Werk sind, gelten automatisch als genehmigt, wenn der Verlag mit der Einreichung eines gedruckten Lehrwerkes darauf verweist, dass dieses Werk auch als digitales Lehrwerk angeboten wird und sich das digitale Lehrwerk inhaltlich nicht von der Printausgabe unterscheidet.

4.8 Eine Genehmigung wird befristet für einen Zeitraum von längstens sechs Jahren erteilt.

4.8.1 Die Genehmigung wird wirksam mit der Bekanntgabe. Ihre Dauer endet mit Ablauf der im Bescheid angegebenen Frist.

4.8.2 Nach Ablauf ihrer Genehmigungsdauer dürfen Schulbücher nicht mehr neu eingeführt, eingeführte Schulbücher können aber im Rahmen der Vorgaben für die entgeltliche Ausleihe von Lernmitteln aufgebraucht werden.

4.8.3 Veränderte Auflagen und Ausgaben bedürfen der erneuten Genehmigung. In diesem Fall ist ein Prüfexemplar einzureichen, in dem die Änderungen gekennzeichnet sind. Für die Fächer Evangelische und Islamische Religion sind zwei Prüfexemplare einzureichen.

4.9 Nach Ablauf der Genehmigungsfrist können Schulbücher neu genehmigt werden. Der Antrag ist rechtzeitig gemäß Nr. 4.1 zu stellen.

4.10 Das Genehmigungsverfahren ist kostenpflichtig. Gebühren und Auslagen werden nach dem Niedersächsischen Verwaltungskostengesetz und der Allgemeinen Gebührenordnung in den jeweils gültigen Fassungen erhoben.

5. Ausnahmen nach Nr. 2.1 im Bereich der allgemein bildenden Schulen

Lernsoftware und folgende Schulbücher sind von der Genehmigungspflicht ausgenommen und bedürfen keines Einführungsverfahrens:

- Tabellenwerke, Formelsammlungen,
- Wörterbücher,
- lehrwerkunabhängige Grammatiken,
- deutsche und fremdsprachige Lektürehefte einschließlich Ganzschriften der Literatur,
- fremdsprachige Schulbücher für fremdsprachig erteilten Unterricht in Sachfächern und für Schulversuche mit fremdsprachlichem Unterricht,
- Themenhefte für die Oberstufe der Gymnasien, Gesamtschulen, beruflichen Gymnasien, Abendgymnasien und Kollegs, die als Hauptarbeitsmittel für die Dauer eines Kurshalbjahres geeignet sind,
- Schulbücher für Deutsch als Zweitsprache / Zielsprache.
Schulbücher für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf in den Schwerpunkten geistige Entwicklung, Hören / Gehörlose, Sehen / Blinde. (Die Schulen sollen sich an den Empfehlungen der Fachkommission der KMK zur Überprüfung von Lehr- und Lernmitteln für den Unterricht an Schulen für geistig Behinderte orientieren)

6. Schulbuchverzeichnis

6.1 Unter http://www.book4school.de/webseite/suchseite.html veröffentlicht das NLQ ein aktuelles Gesamtverzeichnis der genehmigten Schulbücher. Die Genehmigung und Aufnahme in das Schulbuchverzeichnis bedeutet nicht zugleich eine Empfehlung.

6.2 Die Schulbücher für den herkunftssprachlichen Unterricht nach Nr. 2.2 richten sich nach der genehmigten Schulbuchliste für den herkunftssprachlichen Unterricht des Landes Hessen.

7. Einführung von Schulbüchern

7.1 Über die Einführung eines Schulbuches entscheidet an allgemein bildenden Schulen die Fachkonferenz oder an den berufsbildenden Schulen die Bildungsgangs- oder Fachgruppe. Den in der Fachkonferenz vertretenen Eltern- und Schülervertretern ist mindestens drei Wochen vor dem Termin der Fachkonferenz Gelegenheit zu geben, unter Angabe von Preisen in Betracht kommende Bücher mit anderen zu vergleichen. In begründeten Fällen dürfen auch für eine andere Schulform oder Schulstufe genehmigte Schulbücher eingeführt und benutzt werden.

7.2 Mindestens drei Wochen vor der Entscheidung der Fachkonferenz oder der Bildungsgangs- oder Fachgruppe sind dem Schulelternrat und dem Schülerrat Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. In Fächern, in denen das Erziehungsrecht der Eltern in besonderer Weise betroffen ist (s. Nr. 4.3), ist der Stellungnahme des Schulelternrates bei der Entscheidung besonderes Gewicht beizumessen.

7.3 Bei der Entscheidung über die Einführung eines Schulbuches hat die Fachkonferenz oder die Bildungsgangs- und Fachgruppe insbesondere folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

7.3.1 Um in den aufnehmenden Schulen die Kontinuität der Lehrgangsfächer zu gewährleisten, haben Grundschulen mit weiterführenden Schulen zumindest in den Fächern Deutsch, Mathematik und der ersten Pflichtfremdsprache die Einführung von Schulbüchern im Rahmen der Bestimmungen zur Zusammenarbeit zu erörtern.

7.3.2 Grundsätzlich dürfen in Parallelklassen innerhalb einer Schule nur gleiche Unterrichtswerke verwendet werden. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder der Fachkonferenz oder der Bildungsgangs- oder Fachgruppe.

7.3.3 Die Benutzungsdauer der Schulbücher richtet sich nach den Vorschriften der entgeltlichen Ausleihe von Lernmitteln.

Nach Einführung eines neuen Schulbuches dürfen abweichend von 7.3.2 Satz 1 die Schulen das bisher benutzte aufbrauchen und somit verschiedene Bücher parallel verwenden.

7.3.4 Bei der Einführung und Benutzungsdauer ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.

8. Benutzung von Schulbüchern und unterrichtsbegleitendem Material

8.1 Von der Genehmigungspflicht ausgenommene Schulbücher, Lernsoftware und unterrichtsbegleitende Materialien sind vor ihrer Benutzung durch die Fachkonferenz oder die Bildungsgangs- oder Fachgruppe daraufhin zu prüfen, ob sie den in Nr. 3 geregelten Anforderungen genügen.

8.2 Sofern Schulbücher eingeführt sind, müssen sie im Unterricht als hauptsächliches Arbeitsmittel eingesetzt werden. Unterrichtsbegleitende Materialien im Sinne von Nr. 1.3 dürfen nur als Ergänzung und nicht als Ersatz für die eingeführten Schulbücher benutzt werden.

9. Besondere Vorschriften für berufsbildende Schulen

Einer Genehmigung bedürfen nur die Schulbücher für die Unterrichtsfächer Religion und Politik / Geschichte.

10. Schlussbestimmungen

Dieser RdErl. tritt am 1.8.2014 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2021 außer Kraft.

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