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Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung von ehrenamtlichen Strukturen sowie der Selbsthilfe nach § 45 d SGB XI
RdErl. d. MS v. 1.10.2014 - 104-43 590/200-1 (Nds. MBl. Nr. 43/2014 S. 777) - VORIS 83000 -

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Das Land gewährt nach Maßgabe dieser Richtlinie und der VV zu § 44 LHO Zuwendungen zur Förderung von ehrenamtlichen Strukturen sowie der Selbsthilfe nach § 45 d Abs. 1 SGB XI. Die vorgenannten Hilfsangebote ergänzen die bisherigen Leistungsangebote der gesetzlichen Pflegeversicherung; im Interesse der Betroffenen stützen sie die familiären Pflegearrangements und ermöglichen so einen längeren Verbleib der Betroffenen in der eigenen Häuslichkeit. Ziel ist es, die Inanspruchnahme vollstationärer Leistungen möglichst zu verhindern, zumindest aber zu verzögern.

1.2 Ein Anspruch auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht, vielmehr entscheidet die Bewilligungsbehörde aufgrund ihres pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung

2.1 Gegenstand der Förderung ist der Auf- und Ausbau von Hilfsangeboten durch Gruppen von ehrenamtlich tätigen sowie sonstigen zum bürgerschaftlichen Engagement bereiten Personen und Selbsthilfegruppen, die sich die Unterstützung, allgemeine Betreuung und Entlastung von

- Pflegebedürftigen (Pflegestufen I bis III) und
- Personen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf (Pflegestufe 0) sowie
- deren Angehörigen

zum Ziel gesetzt haben.

2.2 Förderungsfähig sind die der Selbsthilfekontaktstelle für die im Rahmen der Aufgabenerfüllung nach Nummer 2.1 entstehenden Personal- und Sachausgaben.

2.3 Für Gruppen im Bereich des Ehrenamtes und des bürgerschaftlichen Engagements werden Aufwandsentschädigungen gezahlt sowie Personal- und Sachausgaben erstattet, die insbesondere aus der Erfüllung folgender Aufgaben entstehen:

- Auf- und Ausbau, Koordination und Organisation der Hilfsangebote,
- Schulung und Fortbildung der Gruppenmitglieder,
- kontinuierliche fachliche Begleitung und Unterstützung durch Fachkräfte.

2.4 Für Gruppen im Bereich der Selbsthilfe werden die originären, auf die Selbsthilfearbeit i.S. von § 45 d Abs. 1 Nr. 2 SGB XI entfallenden Aufwendungen gefördert, z.B. für

- Raummiete und Büroausstattung,
- Medien,
- Schulung und Fortbildung der Gruppenmitglieder sowie
- Personal- und sonstige Sachausgaben.

2.5 Die Fördermittel sind vorrangig für den Auf- und Ausbau und im Weiteren für die nachhaltige Sicherung und Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen nach den Nummern 2.3 und 2.4 zu verwenden. Auch gemischte Gruppen aus Ehrenamt oder bürgerschaftlichem Engagement und Selbsthilfe können gefördert werden.

3. Zuwendungsempfänger

3.1 Zuwendungsempfänger (Erstempfänger) sind die im Rahmen der Selbsthilfeförderung nach § 20 c SGB V von den gesetzlichen Krankenkassen geförderten Selbsthilfekontaktstellen im Land Niedersachsen, die Gruppen mit einer Zielsetzung nach Nr. 1.1 initiieren und/oder in ihrer Tätigkeit begleiten. Die Selbsthilfekontaktstellen leiten die Fördermittel nach Nummer 5.2 auf der Grundlage der VV Nr. 12 zu § 44 LHQ an die von ihnen initiierten und/oder begleiteten Gruppen weiter (Letztempfänger).

3.2 Sofern innerhalb eines Landkreises, einer kreisfreien Stadt oder der Region Hannover keine oder mehr als eine Selbsthilfekontaktstelle tätig ist, wird die Zuständigkeit für die betreffende Gebietskörperschaft vom MS im Einvernehmen mit den gesetzlichen Krankenkassen bestimmt.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Die Selbsthilfekontaktstelle stellt sicher, dass von jeder Gruppe i.S. der Nummer 1.1, für die sie eine Förderung erhält, folgende Voraussetzungen erfüllt werden:

4.1 Der Arbeit von Gruppen von ehrenamtlich tätigen sowie sonstigen zum bürgerschaftlichen Engagement bereiten Personen muss eine Konzeption zugrunde liegen, die Aussagen zu den folgenden Punkten enthält:
- Zielrichtung und wesentliche Inhalte des Angebots,
- Dauerhaftigkeit, Regelmäßigkeit und Verlässlichkeit des Angebots (Gruppenbetreuung mindestens einmal wöchentlich für wenigstens drei Betroffene; Einzelbetreuung an mindestens drei Tagen in der Woche),
- Sicherstellung einer angemessenen Schulung und Fortbildung der Gruppenmitglieder.
4.2 Den Zusammenkünften der Selbsthilfegruppen muss eine Erklärung zugrunde liegen, die Aussagen zu den folgenden Punkten enthält:
- Zielrichtung und wesentliche Inhalte der Gruppenarbeit,
- Dauerhaftigkeit, Regelmäßigkeit und Verlässlichkeit der Gruppentreffen.
4.3 Die Gruppen geben eine Erklärung darüber ab, dass die nachfolgenden Bestimmungen der Nummern 4.3.1 bis 4.3.3 beachtet werden:
4.3.1 Voraussetzung für eine Förderung ist, dass die Gruppe
- seit mindestens sechs Monaten besteht,
- sich regelmäßig jeweils aus mindestens sechs Personen zusammensetzt,
- mindestens drei Personen der nach Nummer 1.1 vorgesehenen Zielgruppen betreut,
- ihren Sitz in Niedersachsen hat und dort tätig ist sowie
- keine Förderung auf der Grundlage des § 82 b SGB XI erhält.
4.3.2 Für ehrenamtlich tätige sowie sonstige zum bürgerschaftlichen Engagement bereite Gruppen gilt über die Anforderungen von Nummer 4.3.1 hinaus, dass
- die Gruppenmitglieder nach Maßgabe der Anlage geschult sind oder sich binnen zwölf Monaten in dieser Weise schulen lassen werden,
- die Gruppenmitglieder erst nach erfolgreicher Schulung nach Maßgabe der Anlage eingesetzt werden.
Nicht oder nicht im Rahmen der vorgenannten Frist geschulte Gruppenmitglieder gelten nicht als Gruppenmitglieder i.S. der vorgenannten Regelungen.
4.3.3 Hinsichtlich der Anforderungen an die Organisation der Selbsthilfe, die neutrale Ausrichtung und Unabhängigkeit der Selbsthilfearbeit sowie die Aufgabenverteilung zwischen den einzelnen Ebenen sind die Regelungen der „Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes und des Verbandes der privaten Krankenversicherung e. V. zur Förderung von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten, ehrenamtlichen Strukturen und der Selbsthilfe sowie von Modellvorhaben zur Erprobung neuer Versorgungskonzepte und Versorgungsstrukturen nach § 45 c Abs. 6 SGB XI vom 24. 7. 2002“ i.d.F. vom 8.6.2009 zu beachten.
4.4 Eine Förderung von Gruppen, die auf der Grundlage der Regelungen des § 82 b SGB XI unterstützt werden, ist ausgeschlossen.

5. Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

5.1 Die Zuwendung wird als nicht rückzahlbarer Zuschuss im Rahmen einer Festbetragsfinanzierung als Projektförderung gewährt.

5.2 Für ein Angebot i.S. der Nummer 2 werden auf Antrag aus Landesmitteln gewährt:

- für die Selbsthilfekontaktstelle je initiierter und begleiteter Gruppe jährlich 300 EUR,
- für die ehrenamtliche oder Selbsthilfegruppe jährlich jeweils 600 EUR.

5.3 Für den bei einer Gruppenneubildung nachweislich entstehenden Schulungsbedarf von ehrenamtlich tätigen sowie sonstigen zum bürgerschaftlichen Engagement bereiten Personen erhöht sich der Förderungsbetrag je Gruppe im Jahr der erstmaligen Förderung einmalig um jeweils bis zu 600 EUR.

Die Selbsthilfekontaktstelle stellt sicher, dass Schulungen dieser Art aus Kostengründen nach Möglichkeit gruppenübergreifend durchgeführt werden.

5.4 Die Verteilung der Fördermittel an die einzelnen Selbsthilfekontaktstellen erfolgt zu jeweils 50% auf der Grundlage

- der niedersächsischen Bevölkerungsstatistik, hier des prozentualen Anteils der Personen im Alter von 65 Jahren und mehr in den jeweiligen Gebietskörperschaften bei gleichzeitiger Annahme einer altersspezifischen durchschnittlichen Prävalenzrate der Erkrankung an Altersdemenz von durchschnittlich 6,5% (Quelle nach Bickel; Gesundheitsberichterstattung des Bundes zur Altersdemenz) sowie
- der niedersächsischen Pflegestatistik, hier des prozentualen Anteils der ambulant betreuten Pflegebedürftigen in den jeweiligen Gebietskörperschaften.

Es gelten die zum Zeitpunkt des Einsetzens der Bewilligung im jeweiligen Jahr der Förderung vorliegenden letzten vom LSN vorgelegten aktuellen Zahlenangaben; diese Verteilungsgrundlagen sind den in diesem Jahr vorgesehenen Bewilligungen von Fördermitteln zugrunde zu legen.

Die auf der vorgenannten Grundlage ermittelte maximale Höhe der Förderung je Selbsthilfekontaktstelle kann überschritten werden, wenn andere Antragsteller ihre Höchstbeträge nicht ausschöpfen und daher weitere Fördermittel zur Verfügung stehen.

5.5 Die Förderung kann geringer als jährlich 2 500 EUR sein. Fördermittel des Landes für Kontakt- und Informationsberatungsstellen werden nicht auf die Förderung angerechnet.

6. Verfahren

6.1 Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die VV zu § 44 LHO, soweit nicht in dieser Richtlinie Abweichungen zugelassen worden sind.

6.2 Bewilligungsbehörde ist das LS.

6.3 Die Selbsthilfekontaktstelle stellt den Förderantrag auf der Grundlage eines Antrags des Letztempfängers. Anträge auf Förderung für das laufende Programmjahr sind der Bewilligungsbehörde in schriftlicher Form bis spätestens 30. Juni des Jahres vorzulegen. Die Bewilligungsbehörde entscheidet über die vorgelegten Förderungsanträge im Einvernehmen mit den Landesverbänden der Pflegekassen sowie dem Verband der privaten Krankenversicherung e.V.; dies ist im Bewilligungsbescheid zu dokumentieren.

6.4 Die Zuwendung wird unter der auflösenden Bedingung gewährt, dass nach § 45 c Abs. 2 SGB XI in gleicher Höhe ein Zuschuss aus Mitteln der sozialen und privaten Pflegeversicherung gewährt wird. Dabei bildet die Förderung des Landes zusammen mit möglichen Förderungen aus Mitteln der Arbeitsförderung oder einer Kommune die Höhe der Förderung, die nach § 45 c Abs. 2 SGB XI für den Anteil der Förderung aus Mitteln der sozialen und privaten Pflegeversicherung bestimmend ist.

6.5 Die Selbsthilfekontaktstelle hat im Rahmen des Antragsverfahrens darzulegen, dass die von ihr betreuten Gruppen die Voraussetzungen nach Nummer 4 erfüllen.

6.6 Die Selbsthilfekontaktstellen stellen sicher, dass die Gruppen, für die sie Fördermittel erhalten, und deren Angebote den örtlich zuständigen sowie auch den an deren Zuständigkeitsbereich unmittelbar angrenzenden Seniorenservicebüros, Senioren- und Pflegestützpunkten Niedersachsen, Freiwilligenagenturen und Mehrgenerationenhäusern sowie den Landesverbänden der Pflegekassen und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. in geeigneter Weise bekannt gemacht werden; die Bekanntgabe soll binnen drei Monaten nach Erhalt des Bewilligungsbescheides erfolgen.

6.7 Die Selbsthilfekontaktstellen teilen zum Zweck einer späteren Evaluation des mit der Richtlinie verfolgten Förderzwecks mit der Antragstellung zugleich auch die Zahl der in ihrem Bereich eingesetzten Gruppen sowie der innerhalb der Gruppen insgesamt eingesetzten Kräfte mit. Sie haben ebenfalls darzulegen, ob Aufwendungen der Gruppe ggf. von anderer Seite gedeckt werden oder ob dafür Leistungen an anderer Stelle beantragt worden sind.

6.8 Ein einfacher Verwendungsnachweis wird zugelassen.

6.9 Die Selbsthilfekontaktstellen erstellen nach den Angaben der von ihnen betreuten Gruppen einen Gesamt-Verwendungsnachweis nach Nummer 6.8 über die Verwendung der Fördermittel und legen diesen der Bewilligungsbehörde vor.

7. Schlussbestimmungen

Dieser RdErl. tritt am 1.1.2015 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2019 außer Kraft.

________
An
das Niedersächsische Landesamt für Soziales, Jugend und Familie
die Region Hannover, die Landkreise, kreisfreien und großen selbständigen Städte
die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtsverbände Niedersachsen
die Landesarbeitsgemeinschaft der Verbände der privaten Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen
die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände Niedersachsens
die Verbände der gesetzlichen Pflegekassen in Niedersachsen und
den Verband der privaten Krankenversicherung e.V. - Geschäftsstelle Berlin -


Anlage

Inhalt und Qualität der Schulungen nach Nummer 4.3.2

Die Schulung der ehrenamtlich tätigen sowie der sonstigen zum bürgerschaftlichen Engagement bereiten Personen soll einen Umfang von mindestens 20 Stunden haben; die Schulung muss darüber hinaus folgende Qualitätsmerkmale aufweisen:

- inhaltliche Orientierung an der Zielgruppe,
- Vermittlung von Basiswissen über Krankheitsbilder, Behandlungsformen, Pflege und Betreuung der Betroffenen sowie Unterstützung der Pflegenden,
- Anleitung zum Selbstmanagement,
- Hilfestellungen zur Erfassung der Situation der Betroffenen und der pflegenden Personen einschließlich des sozialen Umfelds,
- Vermittlung der Methodik zu Kommunikation, Umgang und Gesprächsführung mit den Betroffenen und den Angehörigen,
- Vermittlung von Methoden zur Betreuung und Beschäftigung der Betroffenen,
- Erwerb von Handlungskompetenzen im Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten wie z.B. Aggressionen, Weglauftendenzen, Widerständen oder Angstgefühlen,
- Reflexion und Austausch der Erfahrungen während des ehrenamtlichen Engagements,
- Vermittlung von Methoden der Zusammenarbeit zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen.

Die Schulung ist von Fachkräften zu erbringen, die für die Tätigkeit in der Pflege die nötige Erfahrung und das erforderliche Fachwissen mitbringen. Diesen Fachkräften obliegt die fachliche und psychosoziale Begleitung und Unterstützung der Gruppenmitglieder sowie die Durchführung von regelmäßigen Teamsitzungen und bei Bedarf erforderlichen Einzelfallbesprechungen. Als Fachkräfte kommen je nach Zielgruppe folgende Berufsgruppen in Betracht:

- Gesundheits- und Krankenpflegerin oder Gesundheits- und Krankenpfleger,
- Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger,
- Altenpflegerin oder Altenpfleger,
- Haus- und Familienpflegerin oder Haus- und Familienpfleger,
- Heilerziehungspflegerin oder Heilerziehungspfleger,
- Heilpädagogin oder Heilpädagoge,
- Sozialpädagogin oder Sozialpädagoge,
- Pflegeassistentin oder Pflegeassistent,
- Krankenpflegehelferin oder Krankenpflegehelfer,
- Altenpflegehelferin oder Altenpflegehelfer.

Die mögliche Eignung weiterer Berufsgruppen ist im Einzelfall zu prüfen.

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